BIG D AND THE KIDS TABLE


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Geführt von Josip am 26.11.2001 in der Arena Wien

Ska-Punk-Fans dürften die sieben Bostoner schon längst ein Begriff sein, zumal ihre letzte Full Length "Good Luck" wirklich zu überzeugen weiß und jeder der nur im Entferntesten etwas mit Bands wie den Mighty Mighty Bosstones oder Reel Big Fish anfangen kann, sollte Big D And The Kids Table genauso lieben. Die Band war schon das zweite Mal auf Europa-Tour und konnte sich sicherlich schon eine schöne Fan-Gemeinde erspielen, denn wem bei ihren wunderbar fröhlichen Songs nicht warm ums Herz wird, dem kann echt nicht geholfen werden.
Bei ihrem vorletzten Europa-Gig 2001 in Wien bekam ich die Gelegenheit, Sänger Dave zu interviewen und obwohl es schweinekalt war, war Dave extrem gut gelaunt und musste bei wirklich fast jeder Antwort lachen sodass dies ein ziemlich angehnemes und lustiges Gespräch wurde.

Kleine Standardfrage am Anfang: Könntest du bitte mal dich und deine Band und eure Geschichte kurz vorstellen?
Also ich bin Dave und für die Vocals zuständig. Anfangs startete ich in der Band aber als Drummer. Wir hatten damals schon viele Songs geschrieben, aber niemanden der singt sodass alle anderen auf einmal mich zum Sänger bestimmten, obwohl ich es eigentlich gar nicht wollte. Aber ich sich haben mich gezwungen. Wir starteten die Band ursprünglich mit sieben Leuten. Später waren wir dann zu zehnt, da drei Jungs jedes Wochenende langweilig war und sie deswegen bei uns angefangen
haben. Und nun sind sie nicht mehr da und wir sind wieder zu siebent.
Ihr seid ja schon das zweite Mal auf Europa-Tour. Wie sind denn die Reaktionen des Publikums? Kommt ihr gut an?
Ja, die Shows liefen echt super. Die einzig merkwürdige war in Hamburg, wo glaub ich nur acht Leute da waren...
Das ist echt wenig. Ich denke, dass in Hamburg leider eher Hip Hop populärer ist...
Dort musste außerdem noch unser Gitarrist für den Gob Squad-Bassisten einspringen, da der sich die Hand aufgeschlitzt hatte. Alles war voll Blut...
Sind denn die Reaktionen dieses Mal besser als bei der ersten Tour? Kamen mehr Leute zu euren Shows?
Ja, was mich wirklich überrascht hat. Wir waren wirklich überwältigt, als Leute zu den Shows kamen und nach bestimmten Songs fragten. Wir flippten total aus!
Hier sind ja auch relativ viele Leute anwesend, obwohl ihr hier das erste Mal spielt. Dachtet ihr dass euch so viele Leute kennen?
Wir wussten, dass uns nur ganz wenige kennen. Es ist eigentlich komisch, dass wir hier die Headliner spielen. Wir würden gerne mal für eine große, bekanntere Gruppe eröffnen. Vielleicht kommt das ja noch.
Wo spielt ihr eigentlich lieber, in den USA oder in Europa? Wo werdet ihr besser behandelt?
Also die Organisation der Shows ist in den USA schrecklich, wenn du keine große Band bist. Nur wenn du sehr bekannt bist, wirst du gut behandelt, ansonsten spielst du in Clubs, die später zu Diskos umgewandelt werden und die Club-Besitzer wollen dich nach dem Gig so schnell wie möglich draußen haben. Das nervt! Aber die DIY-Szene ist fantastisch.
Was macht ihr, wenn ihr nicht auf Tour seid oder neue Stücke aufnehmt? Müsst ihr nebenbei arbeiten oder könnt ihr von der Musik leben?
Also das ganze Geld, das wir verdienen stecken wir in unseren Van und in den Proberaum und Sachen wie Stickers. Also müssen wir noch nebenbei arbeiten und das Blöde am Touren ist, dass man immer gefeuert wird, wenn man zurückkehrt und das ist wirklich scheiße. Deswegen sind wir immer in Geldnöten.
Wem gehört eigentlich Forkin Hand Records?
Der Bassist Steve und ich sind die Chefs von Forkin Hand Records.
Und ist das Label erfolgreich und macht ihr damit viel Profit?
Keinen materiellen, nur persönlichen. Es geht uns dabei nicht ums Geld, wir wollen nur das Zeug von Bands wie zum Beispiel Drexel promoten, weil Drexel einfach unglaublich sind.
Es gab ja vor drei, vier Jahren einen richtigen Ska-Boom in den USA, bei dem Bands wie Reel Big Fish oder die Bosstones ganz groß rauskamen. Denkst du, dass dieser Boom wichtig war?
Ich denke, dass MTV an dem ganzen Boom Schuld war. Sie haben es aufgegriffen, es beinhart gepuscht und es dann einfach fallen gelassen. Während des Booms hörte man überall nur Ska, Ska, Ska und jeder hatte Angst, trendy zu sein. Jetzt ist es besser, da alle viel entspannter sind und die ganze Sache genießen und sich nicht Gedanken über solche Dinge machen. Das nächste große Ding in den Staaten ist derzeit Emo und ich denke, dass jedem schon schlecht davon ist und dass die Leute bald realisieren werden, dass ihre Freundinnen nicht zu ihnen zurückkehren, egal was für Songs sie schreiben und dass sie sich dann wieder dem Punk Rock zuwenden werden.
Was habt ihr eigentlich für Ziele als Musiker und wärst du glücklich, wenn ihr bei diesem Ska-Boom groß rausgekommen wärt?
Also ich wäre glücklich, wenn ich genug Geld machen würde, um zumindest meine Miete und so Sachen wie Essen zu bezahlen. Mehr bräuchte ich eigentlich nicht. Ich verstehe Leute nicht, die mit Musik extrem viel Geld verdienen wollen. Ich spiele jetzt schon so lange in dieser Band und ich hab nicht auch nur eine Minute dabei an Geld gedacht. Allerdings mach ich mir in letzter Zeit ein wenig Sorgen, ob ich diese Ziele erreichen kann. Wir freuen uns, dass wir die Möglichkeit haben, das zu machen, was wir lieben und es wäre wirklich schlimm, wenn wir damit aufhören müssten, nur weil wir kein Geld haben. Wenn wir in die Staaten zurückkehren, schlafe ich bei einem Freund auf der Couch und wir brauchen immer ein, zwei Monate bis wir einen neuen Job finden und in dieser Zeit ist das Leben nicht besonders lustig. Stell dir vor, du lädst ein Mädchen ein und musst ihr dann deine Couch zeigen.
Ihr seid ja derzeit bei Asian Man Records unter Vertrag. Wie kommt ihr ausgerechnet zu diesem Label?
Ein Bandmitglied kennt Mike Park (den Labelchef, Anm. der Red.) schon etwas länger und gab ihm unser Album "Good Luck", nachdem wir es auf Forkin Han veröffentlicht hatten. Anscheinend gefiel es ihm und er rief uns eines Nachts an und fragte, ob er es auf Asian Man verbreiten könne. Und wir freuten uns natürlich und sagten zu.
Ist er wirklich so ein netter Typ, der alles für die Bands tut, etc. wie ich in allen Interviews mit Asian Man Bands lesen kann?
Ja, er ist echt spitze, nur waren wir etwas enttäuscht, weil er uns nicht auf den letzten Asian Man-Labelsampler gepackt hat, worüber wir wirklich traurig waren. Aber dafür hat er uns zwei Europa-Touren finanziert und ohne ihn wären wir nicht in Österreich und Deutschland gewesen.
Wie schaut die Punk Rock/Ska-Szene bei euch in Boston aus? Sind alle Kids dort vereinigt oder wird nur übereinander gelästert?
Also ich denke, dass die Szene in Boston wirklich stark zusammenhält, sowohl die Bands, als auch die Kids untereinander. Das Dumme ist nur, dass es die Leute dort wirklich schwer haben, irgendetwas auf die Beine zu stellen, da ihnen überall Steine in den Weg gelegt werden. Und wie vorher erwähnt ist die Organisation sehr viel schlechter als hier. Dort gibt es keine Poster, Flyer, etc. und bei den Shows gibt es kein Catering, keinen Pausenraum, oder so was. Und auch die Polizei macht den DIY-Leuten ordentlich zu schaffen, da sie immer öfter die Shows abbrechen und die Clubs für immer schließen, sodass immer ein neuer Platz gesucht werden muss.
Warum bricht die Polizei die Shows ab?
Naja, sie kommen da hin, haben natürlich keine Ahnung von gar nichts und sehen, wie die Kids durchdrehen und dabei ihren Spaß haben. Das reicht ihnen.
Frechheit...Und wie schaut es in Boston mit den "punker-than-you"-Leuten aus? Gibt es viele davon?
Eher weniger, die Leute halten wirklich zusammen. Aber bei den Bands gibt's eine kleine Aufteilung. Da gibt es auf der einen Seite die Bands, die unbedingt erfolgreich sein wollen, zu MTV wollen, etc., und den Rest, und dabei ist es egal, ob es sich um Rock, Ska, Punk, Metal oder was auch immer handelt. Und je nachdem, zu welcher Seite man gehört hängt man mit den entsprechenden Bands ab. Alle sind am gleichen Fleck, Bands wie Cave In, Converge, Damn Personals an einem Ort. Also ich finde die Bostoner Musik-Szene ziemlich stark! (Dave erzählte dann noch von einer legendären Fehde zwischen "The Unseen" und einer anderen lokalen Band, deren Namen ich leider nicht heraushören konnte, wobei diese einen Song namens "We Hate The Unseen" veröffentlichte, um zu zeigen, dass man Reberein auch lustig beenden kann, Anm. der Red.)
Operation Ivy zählen ja auch zu euren erklärten Vorbildern. Diese hatten neben den langsameren Ska-Nummern auch einige richtig schnelle, dreckige Kracher im Programm. Habt ihr mal darüber nachgedacht, auch ein Paar Hardcore-ähnliche Songs ohne Blasinstrumente aufzunehmen?
Die könnte es auf dem neuen Album geben. Wir haben schon ein paar Songs aufgenommen, aber ich denke, dass die Bläser trotzdem in jedem Song zum Einsatz kommen, weil wir sie halt haben.
Ok, letzte Frage: wie schauen eure zukünftigen Pläne aus? Ist es wahr, dass ihr demnächst eine neue EP herausbringt?
Ja, das stimmt, aber vorher gibt es noch eine Split-7-Inch mit der japanischen Band "Melt Banana", wobei diese einen Specials-Song und wir einen Ministry-Song covern. Ist wirklich lustig. Es fehlt nur noch das Artwork. Danach kommt eine 6-Songs-EP und dann schauen wir weiter.
Vielen Dank für das Interview!