THE BUSINESS


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Geführt von Steffen während der Spirit Of The Streets Tour am 22. September 2001.

Während der Spirit Of The Streets Tour konnte ich mich Steve, Gitarrist der britischen Street-Punk-"Opas" von The Business unterhalten.
Für eventuelle Übersetzungs- und Tippfehler möchte ich mich schonmal entschuldigen, aber extremstes Cockney ist verdammt schwer...

Wie war die Spirit Of The Streets Tour bisher für euch?
Sie war wirklich, wirklich gut! Großartiges Publikum! Spitvalves und Murphy's Law waren gut, und Gasguzzler,sind seit gestern dabei. Zwischendurch spielten wir mit den Surfaholics und anderen Bands, sodass immer 4 Bands spielten.
Habt ihr, auch wenn ihr als Briten nicht direkt davon betroffen seid, nach den Ereignissen vor zwei Wochen darüber nachgedacht, die Tour abzusagen?
Die Sache ist passiert, als wir bereits auf Tour waren, und mittendrin ließ sich das nicht mehr absagen. Aber die meisten Konzerte werden ja nur deshalb abgesagt, weil die Bands, wie zum Beispiel Guttermouth, einfach nicht aus dem Land kommen und gar keine Möglichkeit haben, hierher auf Tour zu kommen.
Kommen wir jetzt zum aktuellen Album "No Mercy For You", in dem es ja auch um Saufen, Fußball und Spaß geht. Wieviel liegt euch daran?
Lass mich lieber erst einmal auf die sozialen Aspekte eingehen, was für uns wichtiger ist, als die Fun-Nummern, die natürlich auch Teil unseres Lebens sind. Unsere Vorgehensweise ist, dass wir soziale Kommentare über unser Leben, und was wir als falsch empfinden, wie, wenn jemand im Gefängnis nicht fair behandelt wird (er bezieht sich auf "Belmarsh"), mit Fun-Songs abwägen, um das Album abwechslungsreicher und kräftiger zu machen.
Ja, und ich denke auch, dass viele, wenn nicht sogar alle der ernsten Songs auf wahren Begebenheiten beruhen, richtig?
Ja, tun sie. Deshalb empfehle ich den Leuten auch, sich unsere Lyrics durchzulesen, damit auch jeder verstehtr, was wir ausdrücken wollen.
Also sind euch die Lyrics besonders wichtig?
Ja, natürlich. Aber ich denke, dass sie das bei allen Bands sind...
Ja, bei den meisten Punk-Bands schon, aber bei den ganzen Pop-Bands...
Aber: Ist das Musik? Das ist doch nur Fabrikmusik um Geld zu machen.
Wie wichtig ist euch kommerzieller Erfolg, wenn ihr sagt "Don't buy it, steal this record!"? Wovon lebt ihr dann?
Ich habe zuhause einen Job, aber es ist richtig, es gibt nicht viele Punkbands, die mit ihrer Musik an Geld kommen, weil es in der Punkrockszene eben nicht viel Geld zu holen gibt. Aber wir machen es, weil wir die Musik lieben, und das zeichnet auch diesen Musikstil aus. Alle, die etwas mit Punkrock zu tun haben, ob sie nun Musik machen, Zines schreiben, Radio, Fernsehen oder Filme machen, alle tun sie es aus Liebe zum Punkrock und um ihre Meinung auszudrücken, und nicht, um an Geld zu kommen. Jeder sollte sein eigenes Ding durchziehen, und daher empfehlen wir auch, Labels zu gründen, Zines oder Bücher zu schreiben oder Filmproduzent zu werden, da man so seine Ziele verwirklichen kann.
Sind dann Bands wie blink-182 oder The Offspring für dich wahre Punkbands?
Ich bin zu einer Zeit aufgewachsen, als es solche Bands einfach nicht gab. Punkrock explodierte in England wie sicherlich jeder weiß 1976/77 und war eine riesige Macht, bevor er dann auf einmal wieder komplett verschwand und es auf einmal nur Dancemusik gab, was in meinen Augen eine komplette Generation versaut hat, weil es einfach keine Alternativen gab. Und deshalb bin ich heutzutage verdammt froh, dass es Bands wir Offspring, 182 oder Green Day gibt, denn wenn ich heute das Radio anstelle, habe ich so wenigstens die Chance, mal etwas anderes zu hören. Und das ist meine persönliche Meinung zu dieser Situation. Viele der Popsongs im Radio werden nur von Computern geschrieben. Es ist eine einzige Geldmachmaschine, und deshalb existiert soetwas nicht in meiner Welt. Ich lebe in einer Punkrockwelt, du lebst in einer Punkrockwelt. Und wenn wir uns darauf konzentrieren, kann uns der Rest doch egal sein.
Dein Job ist es, den Kids zu sagen, dass sie ins Punk-Biz einsteigen, Filme machen, dem Club beitreten und die Rollenverteilung ändern sollen. Und es funktioniert! Vor rund sechs Jahren habe ich ein ähnliches Interview geführt wie dieses hier, und vor ein paar Monaten habe ich diesen Kerl wiedergetroffen. Er schreibt jetzt für ein führendes Magazin, weil er damals auf mich gehört hat. Und deshalb bringen diese Message immer an die Kids. Es ist uns sehr wichtig, und wenn wir sie dazu ermutigen können, sind wir zufrieden.
Euer Album ist ja jetzt schon ein knappes halbes Jahr draußen, es kam im Juli bei Burning Heart heraus. Wie sieht's mit euren Zukunftsplänen aus?
Was wir gemacht haben, ist mit unserem Sänger unsere Lieblings-Punksongs aller Zeiten zu diskutieren, die unser Leben geprägt haben, und wir haben ein paar Coverversionen aufgenommen. Songs eben, die wir in unserem ersten Sommer mit einem Mädchen gehört haben, die uns also auch wirklich persönlich etwas bedeuten. Es sind Songs, die unser Leben verändert haben, und deshalb haben wir diese aufgenommen, und dazu geschrieben, warum sie uns so wichtig sind. Es ist ein Sammlerstück und kein richtiges Business-Album. Der Song, den ich dafür ausgewählt habe, ist Anarchy In The UK von den Sex Pistols, da dieser Song mein Leben verändert hat. Es ist für mich DER ultimative Song überhaupt, weil er genau das schildert, was in London damals abging: Anarchie. Der andere ist London Calling (The Clash, Anm. d. Red.), ich war damals verliebt, mit der Band lief alles glatt, und deshalb ist das auch ein besonderer Song für mich. Es ist ein Song, den ich als Kid einfach geprägt hat. Micky hat sich für Do Anything You Wanna Do von den Hot Rods entschieden, der Song war damals Nr. 1 in den englischen Charts.
Wie seid ihr als nicht-schwedische Band bei Burning Heart gelandet?
Gute Frage! Wie sicherlich bekannt ist, ist Burning Heart eine Schwesterfirma von Epitaph, und deshalb konnten wir uns sicher sein, dass sie gute Arbeit leiten, da Epitaph immer seine Sache gut gemacht hat. Meiner Meinung nach sind The Business auf dem besten Label der Welt. Ich will gar nicht auf einem anderen Label sein.
Euch gibt es ja schon eine ganze Weile, liege ich mit rund 20 Jahren richtig?
Ja, aber es gibt eine lange Pause in der Mitte, weil wir uns aufgelöst hatten...
Das ist doch eine gute Gelegenheit, in aller Kürze die Geschichte von The Business zusammenzufassen, oder?
Nein, das ist kein Problem. Wir sind alle in London aufgewachsen, haben die erste Welle des Punkrocks miterlebt, Generation X, Sex Pistols, Clash und eben alle diese Bands. Wir waren dann schließlich die zweite Welle des Punks, eine richtige Band der Arbeiterklasse, wir kamen von der Straße, wir waren jung und wollten Anarchie. Aber ich finde es gut, in der Situation zu sein, in der wir jetzt sind. Wir haben eine zweite Chance bekommen, oder wie immer man das auch nennen will. Es ist ein großartiges Gefühl, und das genießen wir. Wir haben ein viel größeres Wissen und Erfahrungen aus der Vergangenheit, was wir in unsere neuen Songs einfließen lassen können. Und mit diesen Working Class Prinzipien versuchen wir, eine positive Botschaft rüberzubringen, wie es auch die Dropkick Murphys machen. Wir wollen Ideen und Reize geben, die die Kids aufgreifen sollen. Wenn sei es mögen, mögen sie es, wenn nicht, dann eben nicht.
Ihr seid eine der Punkbands, oder besser Streetpunkbands, die mit am längsten aktiv ist. Gab es neben der langen Pause nicht schon häufiger Auflösungsgedanken?
Ja, neben der 6-7 Jahre langen Pause gab es das auch, aber seit unserer "Reaktivierung" geht eigentlich alles ganz gut, weil die Lücke so riesig war. Und dann verschwand das alles wieder und The Business war wieder da!
Was hat es mit dem Coverartwork vom aktuellen Album "No Mercy For You" auf sich?
Das hat Johanna von Burning Heart gemacht, und ich habe das Foto gewählt: Ein Punk, der von der Londoner Polizei festgenommen wird, deshalb auch "No Mercy For You".
Da mir jetzt so langsam die Fragen ausgingen, wechselte ich zu ein wenig Smalltalk...
Was ist deine Lieblingsbiermarke?
Witzige Frage! Gestern habe ich ein helles Bier getrunken, in München. Aber um fair zu sein, jedes deutsche Bier ist gut, weil ihr das Reinheitsgebot habt. Ich ziehe es auch englischem Bier vor. Es ist das beste auf der Welt. Es ist mir auch egal, ob es aus Bayern oder Preußen kommt, es kann auch ein Lager sein. Die deutschen machen die besten Autos und das beste Bier. Sie spielen guten Fußball. Sie machen alles gut.
Hehe, kannst du auch deutsch sprechen?
Ja! Ich bin ein Dammkoff!
Was this good?
Dummkopf heißt es, aber das war trotzdem gut!
Ahh, Dummkopf...

Euch gibt es so lange, was war das beeindruckenste, was euch oder dir in dieser Zeit je passiert ist?

Ich denke, das Beeindruckenste war, dass Micky Fitz, der Sänger, einmal eine Rounde Drinks in einer Bar ausgegeben hat. Er griff in seine Tasche und hat vier Leuten einen ausgegeben. Das war etwas besonderes, was ich zuvor nie gesehen hatte.
Also ist er ein sehr sparsamer Mensch?
Ja, soetwas macht er bestenfalls an seinem Geburtstag, also einmal im Jahr. Aber Drinks hatte er noch nie ausgegeben.
Was hörst du persönlich am liebsten?
Ich habe viele Lieblingsbands... Sex Pistols haben mich sehr beeinflusst, The Clash waren in den frühen Tagen auch phänomenal... Aber was ich noch erwähnen möchte, der letzte Track vom aktuellen Album ist gleichzeitig der Titeltrack zu einem neuen Gangsterfilm, welcher bald in England herauskommt.
Zu "Hell To Pay" habt ihr doch auch ein Video gedreht...
Ja, richtig, in dem Clip sind auch Filmausschnitte zu sehen. Auf der letzten Show dieser Tour werden wir ein paar Ausschnitte aus dem Film während der Show zeigen. Der Star aus dem Film wird auf dieser Show in London auch auftreten. Die Single wird daher ungefähr zeitgleich mit dem Film veröffentlicht.
Ihr seid bei einem Label, dessen Bands auch öfters mal im deutschen Musikfernsehen zu sehen sind (R.I.P., VIVA ZWEI...). Denkst du, dass auch euer Video eine Chance hat?

Das ist etwas, worüber ich nicht wirklich viel weiß, aber ich denke, dass das Video durchaus spielbar ist. In england wurde es schon gespielt. Aber um deine Frage zu beantworten: Ich wüsste nicht, was dagegen spricht, den Song zu spielen. Aber ich denke nicht, dass MTV es soielen würde.
Auch MTV hat schon The Hives und T(I)NC gespielt...
Um ehrlich zu sein: Wir sind bisher immer ohne Videos ausgekommen, Hell To Pay war unser einziges. Es gibt schon noch ein anderes zu Spitit Of The Streets, aber es ist kein vernüftiges, sodass man es nicht wirklich zählen kann. Am Hell To Pay-Video gefällt mir der Guns, Girls, Guitars-Stil, und der Film ist so wie die Musik, schnell und laut.
Was magst du lieber, eure härteren Sachen wie Hell to Pay, oder langsamere und Fun-Songs wie Drinkin & Driving?
Mein Lieblingssong ist Takers & Users, der erste Song von No Mercy For You. Ich höre ihn selbst gerne und er langweilt mich nicht. Um ganz persönlich zu werden, geht mir auch "Always" sehr nahe, weil es um eine Ex-Freundin und die Beziehung zu ihr geht. Es war nicht sehr schön, und daher geht mir der Song sehr nahe. Und der Punk in mir liebt einfach "Hate, Kill, Destroy". Es ist der Stil, den man als Punk einfach lieben muss. Ich bin insgesamt sehr zufrieden mit dem album, weil es soviele Ebenen hat und so vielfältig ist. Je öfter man es hört, desto mehr Details fallen auf. Ich war wirklich nervös, als das Gedicht aufgenommen werden sollte, weil ich mir nicht sicher war, ob das auch ankommt, denn ich hätte ja genausogut ein Buch schreiben können, und vielleicht werde ich das auch noch tun.
Ich kenne nicht sonderlich viel von euren alten Veröffentlichungen (ich bin jung!), inwiefern würdest du sagen, dass ihr euch weiterentwickelt habt?
Ich denke, dass die letzten beiden Alben, The Truth... und No Mercy... ein großer Sprung ins Jahr 2000 waren. Beim neuen denke ich, dass sich das Songwriting an unserem alten 80er-Jahre-Stil orientiert, jedoch mit einem moderneren Sound. Jeder hätte von uns erwartet, dass wir ein neues Truth-Album machen, was aber klar war, dass wir das nicht tun werden, denn man kann nicht sechs Alben veröffentlichen, die alle gleich klingen. Und beim nächsten werden wir wieder ein wenig verändern.
Von welchem Album stammen die meisten Songs bei euren Shows?
Von den beiden neuesten, aber wir mixen auch viele Klassiker dazu, die jeder hören will, wir spielen nicht nur die neuen Songs. Es ist den alten Fans gegenüber nicht fair. Guiness Boys kommt gut an. Wir haben gehört, dass "Guiness Boys" der Werbeagentur von Guiness gefallen hat, und der Song vielleicht bald in der Werbung verwendet wird. "Hate Kill Destroy" wird in einem Hollywoodfilm in einer Extremsportszene gefeatured. Das Album ist schwer beschäftigt, hehe. Zwei Filme und eine Werbekampagne!
In "Steal This Record" sagt ihr, "I download records off the internet". Machst du das auch selber?
Ich fand es großartig, als Napster auftauchte, und man sich Musik gratis herunterladen konnte.
Kannst du dann verstehen, warum sie es geschlossen haben? Wenn man sich eine CD kaufen will, will man sie vorher gehört haben, und das war eine idealer Weg dazu. Ich gestehe, mir auch schon komplette Alben heruntergeladen zu haben, aber nicht selten habe ich sie danach gekauft, weil sie mir gefallen.
Genau das meine ich. Ich will noch ein Beispiel nennen: Künstler wie Phil Colins, Eric Clapton, Elton John. Sie sind alle bekannt, aber die Leute in ihren Bands, die die Musik eigentlich spielen, kennt niemand. Außerdem wollen diese Leute nur, dass du IHRE Alben kaufst, und dich nicht für andere Musik interessierst, aber sie konnten es nicht kontrollieren, und deshalb haben sie veranlasst, Napster zu schließen.
Konntet ihr euch die Bands aussuchen, mit denen ihr tourt?
Teilweise. Das Label äußert natürlich auch seine Wünsche, aber wir versuchen auch immer, jemanden mittouren zu lassen, wie eben diesmal die Spitvalves, ich habe sie angeschaut, und mag ihren SkaCore-Stil wirklich. Ich denke, es gehört zu unserem Job so etwas zu tun. In Amerika haben wir das zusammen mit den Dropkick Murphys auch gemacht.
An dieser Stelle war die MD mit dem Interview voll, und da mir eh die Fragen ausgegangen sind, haben wir hiermit das Interview beendet.

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