LESS THAN JAKE

Geführt am 20.8.2001 von Josip

Less Than Jake, Ska-Punk-Götter aus Florida beehrten mal wieder Europa und so bekam ich die Möglichkeit, mit Derron, dem Saxophonisten, mein erstes Interview zu führen. Vor zwei Jahren war die Band in Europa noch total unbekannt, was sich aber in der kurzen Zeit schlagartig änderte. Qualität setzt sich eben durch.

Wie verlief die Europa-Tour bis jetzt? Ihr habt gestern beim Bizarre-Festival als Headliner gespielt, gab es bisher irgendwelche besonderen Vorkommnisse?
Unsere jetzige Tour durch Europa ist leider sehr kurz. Wir waren vorher in Glasgow und bei einem Festival in Belgien und müssen heute auch schon gleich weiter nach Italien.
Spielst du gerne auf Festivals?
Ich find sie in Ordnung, aber ich mag Club-Shows in kleinen Hallen lieber.
Ihr kommt ja in letzter Zeit regelmäßig nach Europa...
Wir waren drei Mal im letzen Jahr da!
Unterscheidet sich das Touren in Europa denn von Touren durch die USA?
Ja, ich habe gestern mit Coby, dem Sänger von Papa Roach über das Thema gesprochen und der Hauptunterschied ist, dass die Kids in Amerika einfach zu verwöhnt sind. Sie bekommen die Bands viel zu oft zu sehen. Die Bands leben in Amerika, nehmen in Amerika auf und sie touren sehr oft quer durch Amerika. Aber hier sehen die Leute die Bands nicht so oft, und deswegen sind sie hier viel netter zu einem. Sie wissen es mehr zu schätzen.
An der Stelle sagte ich ihm, wo wir herkommen (Wien) und er zeigte sich sehr beeindruckt, aber hielt uns auch für verrückt.
Lass uns über euer letztes Album, Borders & Boundaries, reden. Es kam mir etwas erwachsener vor, es hatte viel weniger Fun-Songs als die letzen Alben, wie kam das?
Wenn die Band beginnt ein Album zu schreiben, kommt es immer drauf an, wie sich die Band derzeit mental fühlt, welche Emotionen sie derzeit durchlebt. Diese Emotionen fließen schließlich in das Werk ein, man befreit sie durch die Musik. Und die Aufnahmen zu Borders & Boundaries fielen in eine sehr dunkle Periode von Less Than Jake. Wir waren sehr müde und ausgebrannt und das spiegelte sich auch etwas in dem Album. Das nächste Album wird auf jeden Fall anders. Man muss versuchen, immer etwas anderes rauszubringen. Man kann doch nicht immer dasselbe Album abliefern.
Das letzte Album hatte auch kaum noch was mit Ska zu tun, wird das beim nächsten anders sein?
Ich weiß es nicht. Wir werden schon wahrscheinlich ein paar Ska-Songs draufhauen, auf jeden Fall mehr als auf Borders & Boundaries, aber das ist ja nicht schwierig. Das nächste Album wird wahrscheinlich viel schneller werden, mehr Punk Rock, schnell und vielleicht aggressiv. Wir haben schon ein paar Songs auf dieser Tour geschrieben und sie scheinen viel positiver als unsere letzten Stücke. Aber wie gesagt, es kommt drauf an, wie sich die Band bei der Aufnahme fühlt. Mal sehen was passiert, wenn wir wieder nach Hause kommen.
Also ihr habt schon mit den Vorbereitungen für ein neues Album begonnen?
Nunja, Chris und Roger haben sicher schon Songs im Kopf und testen sie schon im Bus und fragen, wie sie klingen oder am Ende klingen könnten. Aber es wird alles erst vervollständigt, wenn wir wieder zu Hause sind und jeder seine Ideen einfließen lassen kann. Wir waren jetzt neuen Wochen ununterbrochen auf Tour, davon sechs auf der Warped Tour und wir sind alle ziemlich müde. Wir haben noch eine Woche, dann geht's ab nach Hause.
Wann soll denn das Album fertig sein?
Nächsten Frühling!
Wie seid ihr eigentlich zu eurer Musikrichtung, der Mischung aus Ska und Punk, gekommen? Beide sind ja keine richtigen Mainstream-Musikrichtungen. Welche Bands haben euch am Anfang beeinflusst?
Natürlich hat jeder andere Einflüsse, aber wenn du in der Band herumfragst, bekommst du Antworten wie: Snuff, The Toasters, Mighty Mighty Bosstones, The Specials. Ich höre lieber Old School Ska, wie zum Beispiel die Skatalites, Madness oder Fishbone. Aber natürlich hören wir auch viele Punk Rock Bands wie die Descendents/ALL, Operation Ivy oder Rancid, die sind für mich fast dieselbe Band, und NOFX. Die Bands, die halt jeder hört. Wir sind aber fast ausschließlich mit Heavy Metal aufgewachsen, wie zum Beispiel Iron Maiden, Möetly Crue. Chris ist immer noch ein großer Metal-Fan, er weiß alles darüber.
Gibt es noch irgendwelche Bands, mit denen du gerne touren würdest?
Wir waren ja mit vielen Bands auf der Warped Tour unterwegs, aber ich würde gern mit einigen auch alleine touren. Green Day, Rancid, NOFX, Pennywise und Lagwagon waren zwar alle auch schon bei der Warped Tour dabei, aber ich denke, dass eine Club-Tour mit denen ziemlich lustig wäre. Man trifft sich zwar auf der Warped Tour, aber das immer nur kurz...
Ihr seid ja jetzt auch auf Fat Wreck Chords, vielleicht lässt sich ja was mit Lagwagon machen...
Ja, wir haben schon mit ihnen gesprochen, mal sehen was daraus wird. Aber ich würde wirklich gerne mal mit Rancid touren.
Wie kam es eigentlich zur Tour mit Bon Jovi? Mögt ihr die wirklich?
(Lacht) Ja, als ich 14, 15 war, war ich ein wirklich großer Bon Jovi-Fan, wie alle anderen von uns auch. Sie suchten Bands, die mit ihnen reisen wollten und sie fragten populäre Bands wie 3 Doors Down oder Lit, aber die haben alle abgesagt, dachten Bon Jovi sind nicht mehr "in". Dann fragten sie uns, und wir sagten zu, obwohl uns jeder davon abriet und beschimpfte. Wir wollten auch ihre Stadion-Tour in Europa mitmachen, aber da war gerade die Warped Tour in Amerika. Es war cool, Bon Jovi sind sehr nett, sehr fein. Wirklich.
Mochten die Bon Jovi-Hörer eure Show?
Nunja, sie buhten uns nicht aus und warfen keine Dinge auf uns. Also denke ich, dass es o.k. war.
Ich schreibe für ein Internet-Magazin. Was hältst du generell vom Internet und von der Möglichkeit, Musik im MP3-Format zu tauschen?
Ich mag das Internet und nutze es auch selber gerne. Und ich denke, dass die ganze MP3-Sache gar nicht so schlimm ist. Ich erinnere mich noch, als vor 10-15 Jahren leere Kassettenbänder auf den Markt kamen und so jeder Kassetten kopieren konnte und die Musikindustrie aufheulte, glaubte, das niemand mehr Kassetten kaufen würde. Dasselbe passiert jetzt mit CDs und MP3s. Und wenn du ein Musikfan bist, wie ich einer bin und immer war, möchtest du, wenn dir etwas wirklich gefällt, das Original besitzen. So bekommst du zum Beispiel auch das Artwork und das Booklet, welche ja auch wichtig sind.
Ich denke, dass MP3s für Bands wie uns gut sind, da wir so mehr Leute erreichen können. Wir haben vor kurzem in Portugal gespielt. Wir hatten nie zuvor in Portugal gespielt. Trotzdem kamen viele Leute, denn sie kannten uns aus dem Internet. Außerdem hab ich bemerkt, dass die CDs in Europa fast doppelt so teuer sind, wie in den Staaten. Ich wollte welche kaufen, aber sie waren einfach zu teuer. Also ist es einfacher, sich die Songs als MP3s anzuhören.
Zum Abschluss eine songspezifische Frage: Wer zum Teufel ist Scott Farcas?
(Lacht) Es gab mal eine Weihnachtsgeschichte in Amerika in den 70er Jahren. Da gab es einen kleinen Jungen der seine ersten Erfahrungen mit Weihnachten sammelte und ein kleiner Schläger wollte es ihm vermiesen. Dieser Schläger hieß Scott Farcas. Und dem haut der Kleine mal ordentlich aufs Kinn und zum ersten Mal wird Scott Farcas ordentlich vermöbelt. Deswegen: Scott Farcas Takes It On The Chin!
Endlich kann mir das einer beantworten. Vielen Dank für das Interview!

exklusiv für purerock.de
Mehr Interviews