RAISED FIST

Interview geführt von Josip am 25. September 2001 in der Arena Wien

Brachial-Hardcore! Dieser Kategorie kann man Raised Fist aus Schweden getrost zuordnen. Über Jahre verfeinerten sie ihren Sound, der anfangs doch stark von Größen wie Youth Of Today oder den Gorilla Biscuits beeinflusst wurde und nun den Maßstab für alle kommenden Gruppen bildet. Im Rahmen der Still Screaming Tour 2001 bekam ich die Möglichkeit, ein Interview mit dem Bassisten Andreas zu führen.

Ihr seit ja jetzt schon seit zwei Wochen zum ersten Mal quer durch Europa unterwegs. Außerdem habt ihr ja zum ersten Mal auch einen zweiten Gitarristen mit an Bord. Wie verläuft denn die Tour bis jetzt und was haltet ihr vom europäischen Publikum?
Die Tour verläuft bis jetzt super. Auch das Publikum ist fantastisch und gibt jeden Abend alles. Ich denke, dass die Sache mit dem zweiten Gitarristen sehr gut für uns ist, da wir doch mit mehr Power rüberkommen als vorher. Allerdings hab ich dadurch weniger Platz auf der Bühne, was weniger toll ist (lacht). Aber das geht schon in Ordnung.
Bei euren Shows geht es ja bestimmt jeden Abend ordentlich ab. Was hältst du generell von der Brutalität auf Hardcore-Konzerten?
Ich mag keine Brutalität, sie ist nicht notwendig. Natürlich wollen wir, dass sich die Leute bei unseren Shows bewegen, wild herumhüpfen, sich schlagen, stagediven und solche Sachen. Da ist Brutalität schwer zu vermeiden, jedoch stehen wir dafür, dass man auch etwas Rücksicht auf andere Leute nehmen soll, ihnen helfen wenn sie Hilfe brauchen und so weiter. Das ist uns wichtig.
Aggressivität ist also mehr oder weniger bei euch Alltag. Auch eure Texte haben's in sich. Beim Titeltrack zu eurem neusten Album "Ignoring The Guidelines" sticht ja vor allem eine Aussage in Auge: "You´re better than us. You´re the old school pride. Always competing you never relax. If we make ten then you make eleven tracks." Ist damit eine bestimmte Band gemeint, mit der ihr Ärger hattet oder wer sonst?
Nein, damit ist keine bestimmte Gruppe gemeint. Es gibt einfach nur einige Leute, die wirklich viel Müll daher reden und andere Leute, auch uns, fertig machen wollen, nur weil wir unser eigenes Ding durchziehen und nicht nach dem alten Schema vorgehen. Sie kommen dann und sagen: "Ah, ihr seid scheiße, ihr benutzt komische Riffs, ihr seid nicht Old School" und denken sie wären was besseres, nur weil sie "Old School" sind. Aber für mich geht es nur darum, das jeder seinen eigenen Stil hat und man sich nicht untereinander fertig machen sollte.
Also habt ihr keine richtigen Feinde im Business?
Nein, keine richtigen. Es gibt nur einige Neider...Ich könnte nie irgendwas schlechtes über zum Beispiel (schaut sich im Raum um und deutet auf Robert von Nine) Robert sagen, obwohl er eigentlich ein Konkurrent im Business ist. Sie tun einfach was sie tun, und wir tun einfach was wir tun. Wir können ja trotzdem Freunde sein.
Denkst du, dass das ein generelles Problem der Hardcore-Szene ist, dass alle so hart tun "müssen" und keiner nachgeben will?
Denk ich weniger. Manche nehmen es wirklich sehr ernst, denken nur an "Blood And Tears" und ständigen Wettbewerb und müssen immer die besten sein. Wir wollen einfach nur Musik machen und nehmen das ganze nicht so ernst. Trotzdem sind natürlich alle unsere Lieder ernst gemeint und repräsentieren unsere Persönlichkeiten und Gefühle. Da ist schon alles "real".
Lebt eigentlich einer von euch Straight Edge, da dies ja in der Hardcore-Szene, und auch bei vielen eurer Vorbilder der Fall ist?
Nein, keiner von uns lebt so, aber natürlich akzeptieren wir diesen Lebensstil. Aber alle Straight-Edge-ler sollten auch unseren Lebensstil anerkennen und nicht versuchen, uns ihre Sache aufzudrängen. Jeder hat das Recht, so zu leben, wie er möchte, punkt!
Ich denke, dass Hardcore eine der wenigen Musikrichtungen ist, die niemals zum Mainstream gehören wird. Wünscht du dir manchmal, dass dies doch der Fall wäre und du "wie ein richtiger Rockstar" leben könntest?
Eigentlich nicht. Wir leben nicht dafür, da wir genau wissen, dass das nie eintreten wird. Uns ist es wichtiger, gute Musik zu machen und dann auf Tour zu gehen, als die großen Rockstars zu markieren. Selbstverständlich werden wir auf den Touren gut behandelt und bekommen coole Hotels und verdienen ein wenig Geld, was ja alles ganz toll ist, aber davon können wir nicht leben. Die ganze Band muss nebenbei noch arbeiten, also sind wir definitiv keine Rockstars (lacht). Nebenbei gesagt ist es wirklich schwierig auf Tour zu gehen. Wir können das nicht einfach so von heute auf morgen machen, da wir zuerst ein wenig Platten verkaufen müssen, um genug Publikum zu haben. Touren ist etwas Merkwürdiges. Es gibt dir was, nimmt aber auch sehr viel von dir. Ich habe zum Beispiel ein kleines Kind zu Hause und kann nicht bei ihm sein, was mich traurig macht. Allerdings sind Touren für die Fans sehr wichtig, was mich auch wieder sehr freut. Außerdem macht es natürlich auch Spaß auf der Bühne zu stehen. Wenn es keinen Spaß machen würde, bliebe ich sicher zu Hause. Aber es ist schon lustig, obwohl das Leben auf Tour meistens richtig scheiße ist. Es hat eben alles seine Vor- und Nachteile, man muss damit leben.
Ihr macht ja bei eurem Sound keine Kompromisse. Habt ihr aber auch andere musikalische Einflüsse als die üblichen Bands?
Ich persönlich höre eigentlich alles Mögliche, auch Songs, die gerade im Radio laufen, obwohl das meiste wirklich Müll ist. Aber richtig beeinflusst bin ich nicht davon. Ich lasse mich beim Songs machen eigentlich von fast gar nichts beeinflussen, da ich immer etwas eigenes machen möchte.
Wie schaut es mit euren Zukunftsplänen aus? Steht irgendwas besonderes an?
Ja, wir haben für Januar 2002 das Studio gebucht und werden dort unser nächstes Album aufnehmen, dass wahrscheinlich im Mai 2002 erscheinen wird. Wir wissen noch nicht, wie es sich anhören wird, da man das erst im Studio feststellen kann. Es wird sicher nicht ganz Neues, aber vielleicht wird es ein wenig anders. Vielleicht bleibt es aber auch beim Alten, man wird sehen.
Ich freue mich schon wirklich auf dieses Album. Vielen Dank für das Interview!




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