THE BOUNCING SOULS |
Interview geführt von Josip am 27. September 2001 in der Arena Wien
Die Bouncing Souls gehören ohne Zweifel zu den sympathischsten und ehrlichsten Bands im Punk Rock Business und haben mit "How I Spent My Summer Vacation" wohl eines der besten Alben 2001 vorgelegt. Nach ihrer Teilnahme an der diesjährigen Deconstruction Tour besuchten sie im Rahmen der Punk-O-Rama-Tour noch einmal halb Europa und stellten sich bei ihrem Aufenthalt in Wien meinen Fragen.
Meine erste Frage bekommst du diese Tage wahrscheinlich jeden Abend zu
hören. War es nach den Ereignissen in New York für euch eine schwierige
Entscheidung die Tour fortzusetzen?
Greg: Wir verließen New York einen Tag vor den Anschlägen,
waren grad in Schottland beim Soundcheck als wir das Ganze im Fernsehen sahen.
Wir waren alle ganz erstaunt. Wären wir nicht vor paar Stunden angekommen,
hätten wir gar nicht mehr herüberfliegen können. Wir waren
seit damals noch nicht in Amerika, und wir werden sehen, wie sich die Dinge
entwickelten, wenn wir zurück sind.
Habt ihr jemals darüber nachgedacht die ganze Tour abzusagen?
Greg: Nein, eigentlich nicht. Natürlich war jeder in der ersten
Woche besorgt, ob es der Familie und Freunden gut geht, aber zu der Zeit hätten
wir sowieso nicht zurückfliegen können. Guttermouth sind ja auch
nicht da, weil es keine Flüge gab. Ich höre von vielen amerikanischen
Bands, dass sie ihre Touren absagen und abwarten wollen, aber das verstehe
ich nicht. Ich denke, dass es gerade jetzt am wichtigsten ist, auf Tour zu
gehen, jeden Abend rauszugehen und den Leuten zu zeigen, dass die Musik immer
noch da ist, und dass kein Grund besteht, sich wegen dieser Dinge runterziehen
zu lassen. Außerdem geht das Leben auch für alle anderen Leute
weiter. Diese müssen auch wieder arbeiten gehen. Warum sollten wir herumjammern
und Touren absagen?
Ihr seid ja schon das dritte Mal in den letzten zwei Jahren in Europa und
habt bestimmt ziemlich viele Leute kennen gelernt. Was sind denn die Unterschiede
zwischen amerikanischen und europäischen Touren?
Greg: Jedes Land hat etwas eigenes, aber die Shows sind sich wirklich
ziemlich ähnlich.
Gibt es ein Land wo ihr nicht gern spielt, aufgrund schlechter Erfahrungen?
Greg: In Spanien ist Punk Rock nicht gerade populär, aber dafür
sind das Land und die Leute sehr nett...
Das letzte Mal hab ich euch auf der Deconstruction Tour gesehen, wo ihr
natürlich gut gespielt habt und die ganze Umgebung sehr angenehm war.
Aber mir fiel das wirklich brutale Moshpit auf, was meiner Meinung nach bei
euch am ärgsten war. Was denkst du über die Brutalität auf
den Shows, ist sie notwendig oder unnötig?
Greg: (Lacht) Ich denke, es gibt immer nur ganz wenig Leute, die wirklich
hässlich brutal sind und ein paar mitreißen. Aber man sollte einfach
nur cool bleiben, und sich von denen nicht die gute Laune nehmen lassen. Ich
war selber nie groß und superkräftig und musste lernen, mich auf
Shows durchzusetzen.
Kommen wir zu eurem neuen Album. Es ist ja schon etwas länger draußen,
seid ihr immer noch zufrieden damit oder habt ihr schon Dinge bemerkt, die
ihr besser machen konntet?
Greg: Nein, diesmal passt wirklich alles: der Sound, die Aufnahme,
jeder in der Band ist wirklich glücklich darüber und wir werden
wohl noch eine Weile zu dem Album touren.
Ich finde, es ist wirklich sehr gut gelungen. Habt ihr jemals darüber
nachgedacht, mit einem so guten Album zu einem Major Label zu gehen?
Greg: Unser Vertrag mit Epitaph ist gerade abgelaufen und deshalb muss
jetzt alles neu verhandelt werden. Wir haben versucht, für alle Lösungen
offen zu sein, und natürlich kam dabei auch das Thema "Major Label"
zur Sprache. Aber ehrlich gesagt hat niemand ein großes Verlangen, unbedingt
auf einem Major zu landen. Wir haben schon viele Bands zu Majors gehen sehen
und es scheint nicht so recht zu funktionieren und sie kommen wieder zurück.
Dennoch wollen wir für alles offen bleiben und abwarten.
Denkst du, dass es überhaupt einen großen Unterschied zwischen
Major Labels und Epitaph gibt?
Greg: Zugegeben: Epitaph ist ein sehr großes Independent-Label.
Aber sie haben nicht diese große Maschinerie, die dich in kürzester
Zeit nach oben katapultieren kann und dich ganz schnell superreich werden
lässt. Dafür haben die Leute, die für das Label arbeiten Persönlichkeit
und kümmern sich um dich. Das mag für andere Bands nicht wichtig
sein, aber für uns ist es das definitiv. Und das wollen wir nicht missen.
So macht der Job Spaß, und ich würde nichts machen, wenn es nicht
Spaß machen würde.
Siehst du eigentlich die Band als Job oder macht es wirklich immer Spaß,
auf Tour zu gehen und zu spielen?
Greg: Natürlich macht es meistens Spaß, und wichtig ist
auch noch, dass ich mit meinen Freunden "arbeiten" kann, mich mit
ihnen weiterentwickeln kann. Ich würde nicht gerne für ein großes
Unternehmen arbeiten, dass Tausende Angestellte hat, weil mir einfach die
persönliche Kommunikation fehlt.
In dem Moment kommt Bassist Bryan herein und möchte auch mitinterviewt
werden.
Ihr wart ja vor kurzem auch mit Green Day auf Tour und habt ihn großen
Hallen und Stadien gespielt. Hat euch das gefallen oder spielt ihr lieber
in intimeren Clubs?
Bryan: Mir hat es gefallen. Es ist einfach eine neue Lebenserfahrung.
Wir haben vorher noch nie in so großen Hallen gespielt und waren erstaunt
wie viele Leute da waren. Aber am Ende war's immer in Ordnung. Ich mag beides,
große und kleine Clubs, wobei wir meistens in kleineren spielen.
Wie reagierte das Publikum auf eure Shows?
Ich denke, sie hatten ihren Spaß. Das Publikum war immer ganz o.k.
Punk Rock ist heutzutage sehr populär und Bands wie Blink 182 oder
Sum 41 haben dadurch auch ziemlich viel Erfolg. Was denkt ihr darüber,
dass Punk Rock nicht mehr "das rebellische Ding" von damals und
für jeden "zugänglich" ist?
Bryan: (denkt lang nach) Ich weiß nicht was ich davon halten
soll. Das ist eine wirklich gute Frage...
Greg: Ja, das stimmt. "Punk Rock zu sein" bedeutet für mich,
versuchen etwas zu erreichen, was wirklich und ehrlich von Herzen kommt, egal
wie gut oder populär du bist, sowohl auf die Musik, als auch auf dein
Auftreten bezogen. Und wenn dein "Ziel" zum Mainstream wird, sich
nicht zu verstellen und sich treu zu bleiben.
Wie denkt ihr über Bands wie Blink 182, die anderen Bands doch ziemlich
ähnlich sind, aber das große Geld machen, auch wenn sie vielleicht
nicht soviel Talent wie diese Bands haben?
Bryan: Wenn ich an Blink 182 denke, denk ich nicht an die Band, sondern
an die Menschen. Ich hab die Band paar Mal getroffen, sie sind ganz in Ordnung,
aber ich mag ihre Musik nicht. Ich bin aber auch nicht neidisch oder so was,
ich mag nur ihre Musik nicht, und deswegen hör ich sie einfach nicht.
So einfach ist das. Ich verstehe nicht wie sich Menschen über solche
Bands aufregen können. Sie sollten einfach was anderes hören. Es
gibt so viel gute Musik da draußen...Außerdem ist es mir sehr
wichtig, wie sich die Bands geben, die ich höre. Wenn ich mich mit ihnen
identifizieren kann, kann ich auch ein Fan werden...
Denkst du, dass das Auftreten wichtiger als die Musik ist?
Bryan: Es gehört alles zusammen, das Auftreten, die Rhythmen,
die Texte, alles muss stimmen. Musik ist eine Ausdrucksform, so wie Graffiti.
Sie zeigt, wer oder was du bist.
Und was sind eure großen Ziele als Musiker? Was wollt ihr getan haben
und behaupten können, wenn ihr aufhört?
Bryan: Ich habe mir noch nie langfristige Ziele gesetzt. Das ist sozusagen
mein Lebensmotto. Ich lebe wirklich in den Tag hinein. Ich kann mich noch
erinnern, als wir alle in der High School waren und jeder schon genau wusste,
dass er seinen Abschluss machen wollte und dann aufs College gehen würde
und solche Sachen. Nur wir hatten genug davon und wollten nicht ständig
unter dem Druck stehen, etwas erreichen zu müssen. Wenn du dir zu viele
Ziele setzt, wirst du einige verpassen. Und das zieht dich runter. Als wir
dann mit der Band angefangen haben, war unser einziges Ziel, Spaß zu
haben und es zur nächsten Show zu schaffen. Immer nur einen Schritt weiter.
13 Jahre später sitzen wir jetzt hier und haben immer noch die gleiche
Lebensphilosophie: Lebe für den Moment!
Greg: Außerdem haben wir schon mehr erreicht, als wir uns je
erhofft hatten. Das was jetzt kommt, soll nur noch Spaß machen!
Und was hättet ihr gemacht, wenn ihr nicht die Band gegründet
hättet?
Bryan: Ich denke, ich hätte irgendetwas erfunden. Auf keinen Fall
wäre ich ein Bürosklave mit geregelter Arbeitszeit von 9 bis 5 geworden!
Das könnte ich nicht machen. Man braucht irgendeine Leidenschaft, die
einen im Beruf nach vorne treibt.
Was macht ihr eigentlich wenn ihr nicht auf Tour seid? Ich hab von einigen
Musikern gehört, die ununterbrochen auf Tour sind und zu Hause dann völlig
hilflos dastehen, weil sie es einfach nicht gewohnt sind, einen Alltag zu
leben.
Bryan: Es ist immer etwas zu tun, ich hab dieses Problem nicht. Es
ist schwer zu beschreiben, aber irgendetwas läuft immer. Meistens sind
wir aber auch nur zu kurz zu Hause um uns Sorgen zu machen.
Greg: Ich hatte früher nur das Problem, dass wenn ich mein Leben
mit dem von anderen Leuten verglich, die zu Hause lebten und einen geregelten
Tagesablauf hatten, ich mir irgendwie komisch vorkam, weil ich ja auch so
aufgewachsen bin und es natürlich viele gute Seiten hatte. Aber mittlerweile
hab ich gelernt, damit umzugehen und toure sehr gerne und genieße mein
Leben.
Bryan: Mir fällt grad ein: Ich entwerfe unsere T-Shirts wenn wir zu Hause
sind! (lacht)
Habt ihr irgendwelche besonderen Zukunftspläne?
Bryan: Eigentlich nur das Übliche: touren, touren, touren - diesmal
auch nach Hawaii und Puerto Rico, darauf freue ich mich besonders. Vielleicht
kommen wir danach noch mal kurz nach Europa, man wird sehen.
Vielen Dank für das Interview!
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