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+---Thema: Toelz - Fragments Eröffnet von Patrick


Beitrag von: Patrick an 21. 01 2007, 19:28

TOELZ - FRAGMENTS

Stil: düsterer Alternative Rock
Label: < Ruuf Records >
Spieldauer: 13 Tracks, 54.52 min.
Release: 14. Mai 2006
MP3: < >> MP3-Snippets zu sechs Songs >

< Offizielle Bandhomepage >

Neue Wege beschreiten: Der moderne Gottesdienst findet nicht mehr in altehrwürdigen Gemäuern aus längst vergangenen Zeiten statt, sondern in der HiFi-Stereoanlage oder auf dem MP3-Player. Die Monotonie im Ablauf bleibt allerdings mit Toelz als Messdienern erhalten.

Gott ist allgegenwärtig. Mittlerweile sowohl in der sonntäglich live übertragenen TV-Messe als auch in der harten Rockmusik. Beinharte, ganzkörpertätowierte Headbanger stehen zu ihrer Gläubigkeit und finden nicht zuletzt deshalb gerade über dem großen Teich Heerscharen junger christlicher Anhänger. Ein Kreuzzug in der Rockmusik? Oder doch nur die konsequente Ausbeutung eines bis vor wenigen Jahren noch weitestgehend unerschlossenen Marktes mit ungeahntem kommerziellen Potential?

Wie auch immer, auf Amerika beschränkt bleibt die neue Religiösität im Rock nicht. Auch das süddeutsche Quartett Toelz etwa macht aus seiner Gottesergebenheit keinen Hehl, rockt aber gleichzeitig mit tiefergelegten Riffbreitseiten daher, die die Mauern des gewöhnlichen sakralen Gotteshauses in ihrer Standfestigkeit hart prüfen dürften. Das bietet dem organisierter Religion ablehnend gegenüberstehendem Rezensenten natürlich eine Angriffsfläche. Aber es mache sich doch jeder selbst ein Bild von der toelzschen Lyrik, die mit ihrem hochtrabend existenziellen Weltverbesserer-Anspruch verdammt naiv und, nun, eben gutgläubig ausfällt. Da wird immer wieder der direkte Kontakt zum Schöpfer gesucht, schließlich wird der Allmächtige es ja richten und die Welt von allem Übel befreien. Doch man muss den Ludwigsburgern zugute halten, dass ihre Texte mehr sind als nur leere Worthülsen: Alle vier Mitglieder arbeiten als Diakone oder Sozialarbeiter in einer Wohngruppe für Jugendliche und setzen so jenen Weltverbesser-Anspruch in die Tat um – was gut ist und nicht belächelt werden sollte.

Ironischerweise werden die 13 Quasi-Gebete musikalisch in einem druckvollen, mit schweren metallischen Riffs gepowertem Rockgewand präsentiert, das in seiner düsteren Ernsthaftigkeit Assoziationen an die absolut unchristliche Gothic-Szene weckt. Au weia! Lässt man den christlichen Überbau mal außer Acht, kann man Toelz aber attestieren, ein passables, wenn auch sehr durchschnittliches Album aufgenommen zu haben. Fast ausschließlich im Midtempo wird hier schwermütiger, eingängiger  Alternative Rock mit vereinzelter Garnierung durch Keyboards, Loops und Samples aufgefahren, der von Hohepriester Martin Schabel gesanglich ebenso düster, aber leider ohne allzu große stimmliche Bandbreite geweiht wird. So ist das große Problem von “Fragments“ vor allem die Monotonie in allen Bereichen: gleiches Tempo, gleicher Rhythmus, gleiche Songstruktur und die ewig gleiche Message wirken auf Dauer zu ermüdend, um 13 Songs und beinahe eine Stunde lang die Spannung aufrecht zu erhalten.

Wertung:


Beitrag von: Ulrich an 21. 01 2007, 20:31

finde christenrock zwar auch befremdlich, aber andererseits ist es schon seltsam wie die menschen damit umgehen. darüber organe herauszureißen oder leute zu töten darf aus sicht der szenepolizei ohne weiteres gesungen werden, aber über den glauben zu gott nicht.

(war jetzt nicht an dich gerichtet, sondern ein allgemeines statement)

Beitrag von: Patrick an 21. 01 2007, 22:18

Es ist wohl alles eine Sache der Gewohnheit. Bescheuert-brutale Texte sind z.b. im Metal ja fast schon Tradition und nach zwei Dekaden mittlerweile als verurteilenswertes, aber wohl doch akzeptiertes Gedankengut etabliert. Bis dann natürlich der nächste Schwachmat in der Schule Counterstrike spielt...
Christlicher Rock ist halt doch noch eine vergleichsweise neue Strömung, die sich über kurz oder lang wohl auch zumindest als Nische etablieren wird.
Aber, um das nochmal allgemein klar herauszustellen (nicht an dich gerichtet, Mathias): Dass Toelz Christen sind, hat wohlgemerkt auf die Bewertung ihrer CD ebenso wenig Einfluss wie die Drogeneskapaden eines Pete Doherty in einer Plattenrezension von Relevanz sind - nämlich gar nicht (dass man das überhaupt herausstellen muss!).

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