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+---Thema: Southside Festival 2005 Eröffnet von Sven


Beitrag von: Sven an 01. 07 2005, 22:50

Southside Festival 2005
Neuhausen ob Eck
ca. 40 000 Besucher
Preis: ~ 80 Euro (3-Tage-Kombiticket)



But you look confused and you dont know what to do
Say what you see, what you like
If you work it out tell me what you find
We can have a few decent days and nights


Das Southside noch einmal rekapitulieren - so heiß es jetzt auch sein mag (und so steil es mit der Arbeitsmoral dann natürlich bergab geht) und so viele andere Dinge meine Aufmerksamkeit zur Zeit in Anspruch nehmen: so viel Zeit muss dann doch sein.

Soll ich mit Tag 0 beginnen? Ich für meinen Teil reise zum ersten Mal Donnerstag abends an – und bin etwas erstaunt. Alles sehr voll und jetzt bereits überlaufen: die Autoschlange quer durch dieses bemitleidenswerte Örtchen (muss dann wohl Neuhausen Ob Eck gewesen sein), die Parkwiese, das Anstehen vor der Bändchenausgabe (die separate Vergabe für Vertreter der Presse ist mit V.I.P. betitelt – peinlicher bitte) und das Campinggelände, das auf den ersten Blick schon vollkommen belegt aussieht. Na ja was soll’s, Zelt aufbauen nach Einbruch der Dunkelheit macht wenigstens Laune. Und die Nächte, ja die Nächte, auf die komme ich noch zu sprechen.



Tag 1

Los geht es zu moderaten Zeiten mit Feist – das Auftreten der zierlichen Kanadierin, so nett wie sie natürlich ist, zum Ende hin auch unterstützt durch Broken Social Scene, lässt erwartungsgemäß erste Urteile wie etwas hippie-esque, gerne auch verträumt zu – die crowd ist jetzt noch weniger als eben das zu bezeichnen und schwankt da erst mal zwischen mit-Rasseln-im-Kreis-springen und bitte-hinsetzen. Amplifier lassen sich aus Distanz und Augenwinkel wohl eher schwer beurteilen. War jedenfalls laut und vorne rein, und das so am Nachmittag; darauf erst mal ein Becks. Der allererste Eindruck sagt (und mehr gibt es nicht): Hat mir nicht gefallen. Dann die Beatsteaks; selbstredend erstes Highlight. Spitzen Show, super Typen, alles wie gehabt, ich endlich vorne im Moshpit. Arnim will das vielleicht anders darstellen, aber letztes Jahr Southside spielten sie nach Einbruch der Dunkelheit einen ebenso umjubelten Auftritt wie nun eben schon um halb acht – ist das nicht doch eher ein Rückschritt? Was soll’s, good clean fun ist das natürlich trotzdem. Bemerkenswert finde ich auch, wie sehr vorne drin, wo nun mal richtig rumgestumpt (wo bin ich daheim?) wird, man eben auch Rücksicht nimmt, wenn das Tanzvolk erst mal im Dutzend zu Boden fällt. Man hat sich gern und passt aufeinander auf, herzlichst. Wenn jemand hier den Ellbogen aufs Auge bekommt, dann die Security. Was ich noch erwähnen muss: die Berliner bestechen auch durch ihre Cover: Snoop Dogg und besonders Beastie Boys’ Sabotage, das aber mal so richtig burnt.
Audioslave: ein feines Gespür für die großen Rocksongs und ebenso großen Gesten, mit den richtigen – Achtung! – Riffs und einer energetischen, ansteckenden Intensität. Gut, ich war leicht betrunken. Nein halt, auch vollkommen stockbesoffen fände ich das nicht ansprechend. Die RATM und Soundgarden Songs werden abgefeiert (Black Hole Sun war das Ganze vielleicht wert), bezeichnend für diese völlig überflüssige Supergroup. Muss ja eigentlich alles nicht sein, wurde ja oft genug durchexerziert – andererseits haben diese Sklaven nach dem Debüt ja auch nicht Ruhe gegeben.
Beck hingegen zeigt, wer der König ist im Rockzirkus der Eitelkeiten. Selten hat eine Show mir soviel Spaß gemacht – der gute Herr Hansen in bester funky Spiellaune und auch seine Mannschaft zieht da geschlossen mit. Wie jene an der gedeckten Tafel (das ist keine wirre Metapher, hier nicht!) musizieren, darf man schon gesehen haben. Irgendwann dann diesen gewissen Hit Soundgardens anzustimmen, mit Blick Richtung Green Stage, das ist: souverän. Ach, die Flaming Lips wurden ebenfalls gecovert. Well done.
System Of A Down sind nie mein Fall gewesen, ihr Auftritt gestaltet sich dann als ordentlich. Viele mögen sie ja schon, und darum werden weite Teile dieser eineinhalb Stunden auch zelebriert. Eine geschickte vorne-hinten Kombo später muss ich mich ausklinken und finde mich bald auf der grünen Wiese wieder. So langsam beginnt der Tag zu schlauchen, wie soll das bloß weitergehen? Ohne New Order ist nicht Schluss, geht natürlich nicht. Kann bezaubern, insbesondere wenn man sie zum ersten Mal sieht. Und ja, während sie Regret, so einiges von Get Ready / Siren’s Call und die Klassiker spielen, wirken sie frischer als es die Fotos, die es auf der Festival Website mittlerweile zu sehen gibt, vermitteln können. Danke dafür, denn auch hier behalte ich wieder im Hinterkopf: wieder eine Band auf der großen Liste, die sich jeder so zusammen stellt in all den Jahren, abgehakt und mit entsprechenden großen, glänzenden Worten für später vor Freunden und Verwandten abgespeichert.



Tag 2

Der Tag beginnt mit Madsen, und die sind zu derart früher Stunde eigentlich schon unfassbar groß, mehr jetzt was den Besucherverkehr um ein Uhr mittags betrifft, musikalisch ist das ja eher deutscher Durchschnitt, wie er eigentlich nicht weiter erwähnenswert ist. Mir scheint es fast, als werden hier die nächsten Sportfreunde herbeigesehnt. Jemand erstaunt? Dachte ich mir doch. Nett sind sie, die feschen - blablabla.
Eagles Of Death Metal liefern ohne Josh Homme eine routiniert gute Show, für die sich verdientermaßen, genau wie bei Moneybrother, so einige interessieren. Serious Rock hier, Serious Seele dort. Ein Schwede mit viel Herz und Charme, der sich dafür bedankt, dass um halb drei nachmittags schon so viele aufgestanden sind nur um ihn und seine Männer zu sehen. Dass das sicher mal ein Großer wird mit dieser Haltung muss aber an dieser Stelle sicher nicht mehr erwähnt werden. Weniger los wiederum ist dann darauf folgend bei The Robocop Kraus. An der Qualität ihres Auftritts oder dem neu vorgestellten Material des inzwischen auch erschienen Longplayer (wir berichteten) mag das nicht gelegen haben – alles tadellos. Ich ignoranter Idiot muss das erst jetzt auf Tour bemerken, hallt es da über die Redaktionsflure, aber hey – die schlechteste Art und Weise ist das doch sicher nicht. Frontmann in Glitzermontur, Show sehr spaßig und letzten Endes vielleicht ein Stück zu viel für den ein oder anderen Festivalbesucher – alles wie gehabt. Super wird das, auch in Zukunft, da bin ich ganz sicher.
The Dresden Dolls, aus Amerika und doch recht durchgeknallt, wie mir sicher jeder beipflichten wird – und damit für doch ungefähr 70 Prozent (ähnlich liegt der Fall sicher auch bei den schwer zu kategorisierenden Fantômas), ich sage mal weniger interessant, wurden sehr nett empfangen. All jenen, denen das viel zu gar-nicht-meine-Baustelle vorkommt, müssten sich das dann schon mal live ansehen, denn selbst nachmittags um vier finde ich das Zusammenspiel von Brian Viglione, ganz bestimmt einer der besten Drummer dieser drei Tage und der charmanten Amanda Palmer mit ihrer ausdrucksvollen Bühnenperformance spannend. Mag man ja in anderem Kontext anstrengend finden, wie man will, live ist das sicher eine der Überraschungen dieses Jahr.
Was kommt? Ah, Kettcar – wieder eine Freude. Die Typen waren super, die bleiben super, und mit derart Attitüde wird das wohl auch so bleiben. Waren es letztes Jahr Tomte, die am frühen Abend im Licht der sich so allmählich verabschiedenden Festivalsonne bezauberten, sind es heute ihre Kollegen. Da war man für einen Moment doch drauf und dran inmitten der Menge einen kleinen IKEA Tisch aufzubauen und die freundlichen Jungs zu einem Bier mit heran zu bitten. Scheiterte natürlich an logistischen Gründen, wie immer.
Na gut, das war’s dann für den Tag eigentlich schon.
Moment, habe ich etwa noch nichts zu Mando Diao, den Queens Of The Stone Age und den Helden gesagt? Ach. Nummer eins waren doch so gut, um die Erwartungen der Indiemenge zu erfüllen und rockten hier, obwohl nun bald selbst schon ein großes Schwedending, routiniert als quasi Aufwärmer den Scheiß herunter für die nächsten Stunden, die sich auf dem Papier einfach fantastisch lasen. Für jeden reichlich dabei – und QOTSA gaben jedem, der diese entscheidenden Momente des Samstags auf dem Festivalgelände verbrachte, auch reichlich mit auf den Weg. Ich vorne mit drin, und das begeistert wie schlaucht mit der Zeit schon. Feel Good Hit, definitiv.
Wir Sind Helden. Ich sah sie jetzt tatsächlich erst zum zweiten Mal, diesmal .. etwas weiter vom Ort des Geschehens entfernt als damals, aber spare mir einfach das ganze Rumgeheule, wie groß und hui sie geworden seien. Aber das muss noch sein: Auftritt eins gefiel mir besser als dieses Spektakel hier, dass auch noch lauter hätte sein können. Bald spielen sie ja übrigens zusammen mit den Donots hier in der Region – und die unsäglichen Stieber Twins eröffnen. Irgendwie habe ich darüber lachen müssen. Um so langsam zum Schluss zu kommen: Die Ärzte spielten mal wieder für die halbe Welt, aber nicht für mich. So langsam wird das zu einem Ritual – wo ich bin ist die beste Band der Welt, und wo sie auftreten habe ich gerade anderweitig zu tun.
Oasis hingegen – man kann, man darf sie schlichtwegs nicht verpassen, sofern man sie noch nicht gesehen hat. Ich schließe da mal rundum jeden mit ein, ihr dürft euch alle angesprochen fühlen. So sehr ihr Auftritt herbeigesehnt wurde, so sehr wurde im Endeffekt auch keiner enttäuscht. Ihre neuen Songs, ach was sind schon ihre neuen Songs, ich gehöre zur ignoranten Meute, und die hat sich demütig über all die Hits der Skandalkapelle ausgiebig gefreut. Bühnenaufbauten – zweckmäßig, aber auch stimmungsvoll und ja, es war eben „focking freezy“. Solidarität mit der frierenden crowd hilft nun mal gelegentlich weiter.
Beck, New Order, Oasis – wenn glänzende Augen nur gegen kalte Nächte helfen würden.



Tag 3

Der dritte Tag beginnt mit Athlete, und man zeigt sich versöhnlich, sodass man das Set der schrecklich netten Briten wohlwollend durchwinkt. Kurz darauf Fantômas, und es ist schon klar, dass das an diesem Ort zu dieser Tageszeit vor diesem Publikum eher schlecht als recht funktionieren kann. Patton gibt sich Mühe, und dasselbe versucht der Hauptteil der Festivalgänger.
Slut sind so eine Sache – nach Terremoto 2003 stehe ich hier zum zweiten Mal und überlege mir, warum ich das so langsam nicht mehr umwerfend finde. Es ist dieselbe Musik, dieselben sanften und recht cleveren Rocksongs, nur schauen mehr Leute zu, was man den Jungs aber auch wirklich nur wünschen konnte. Nein, das ist mir mit der Zeit zu langweilig geworden, mehr ist da nicht. Und wer hat jetzt noch mal behauptet, im Süden wäre doch sowieso alles besser – Publikum, Essen, Wetter (wenigstens das stimmt aber bestimmt!), Kettcar oder Slut? Alles Schleimer.
Zum Ende geht dann alles ganz schnell – denn nach den großen Franzosen von Phoenix mache ich schon Feierabend, denn Teutonenrocker und Schmusepop – könnte sich fatal auswirken, besonders in dieser Kombination, und letztlich wollen wir uns doch nicht den lauen Abend verderben. Phoenix aber: der kleine Gewinner des Sonntags. Sympathisch, punktgenau, gut.

Fazit? Letztes Jahr besser oder dieses Jahr? Schwierig. Fest steht: nicht Weniges an Highlights hatte dieses Festival zu bieten, und Enttäuschungen gab es so gesehen ebenfalls keine. Pflichttermin für 2006?
Wohl schon, und darum: frühzeitig Karten sichern, denn die Nachfrage war ja dieses Jahr bereits überwältigend.

Währenddessen weht tapfer die Schweizer Flagge im Wind.

Beitrag von: NattyDread an 01. 07 2005, 23:46

sehr angenehmes review. man dankt.
Beitrag von: Johannes an 02. 07 2005, 04:48

wat wat wat..? dinosaur jr. nich gesehen und kein wort zu trail of dead.. sowas. ; )
Beitrag von: Christian an 02. 07 2005, 11:48

oh ja, schön! echt sehr fein zu lesen...

vor allem die idee mit den timetable-bildern ist gut - allerdings provozierst du so grade solche kommentare, wie den jetzt folgenden: ey mann, wieso hast du trail of dead, nine inch nails und boysetsfire nicht gesehn? :)

Beitrag von: Patrick an 02. 07 2005, 13:33

der svenny is halt ein ehrlicher boy, auch wenn ich bei diesem feinen review gemerkt habe, dass unser musikgeschmack ab und an doch deutlich divergiert ;)
Beitrag von: Happy Tom an 03. 07 2005, 11:46

turbonegro???
Beitrag von: Andy an 03. 07 2005, 13:30

UNDEROATH??????????
Beitrag von: Jonas an 03. 07 2005, 13:39

da war der gute sven sicher noch gar nicht wach bzw. imstande, sich aufs gelände zu bemühen. ;)
Beitrag von: Andy an 03. 07 2005, 13:51

aber underoath...wenn ich da hingefahren wäre dann als erstes wegen underoath
Beitrag von: Christian an 03. 07 2005, 16:14

underoath ham am hurricane ja gar net gespielt, gell? kamen zu spät ;)

hätt mich mich schwer geärgert, wenn ich da gewesen wäre und dann kommen die net...

Beitrag von: Guest an 03. 07 2005, 17:33

hm trail of dead hatten nen richtig scheiss sound aufm hurricane, würd mich mal interessieren obs beim ss besser war...
Beitrag von: Sven an 05. 07 2005, 22:29

trail of dead sah ich etwas, sound war iirc in ordnung. oder zu leise?
und turbo? hat man eine show gesehen, hat man alle gesehen, wa?

;)

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