Ziemlich genau zehn Jahre muss es nun her sein, dass NOFX-Sänger und Fat Wreck-Chef Mike auf ein paar durchgeknallte Teenager aufmerksam wurde, die mit einer wüsten Mischung aus Dixieland und Punkrock jeden, und ich meine wirklich jeden, Club im sonnigen Kalifornien in Schutt und Asche legten. Frech waren die Jungs auch noch, drohten sogar mit Labelwechsel, als Mike auch ihr zweites Album Duck And Cover nur auf dem Fat-Sublabel Honest Don’s veröffentlichen wollte. Doch bekanntlich wurde dann alles anders. Der Song Road Rash kam auf den vierten Fat-Sampler und wurde ein wahrer Skapunk-Klassiker, der den Mad Caddies in kurzer Zeit eine weltweite Fanbasis schuf, die durch beständiges Touren und zwei weitere grandiose Alben stetig vergrößert werden konnte. In San Francisco wird man sich rückblickend also wohl immer noch auf die Schultern klopfen und kann sich freuen auch das fünfte Album der Band veröffentlichen zu können.
Trotz des Erfolges oder gerade deswegen ist es kaum zu glauben, dass vier lange Jahre vergehen mussten, bis nun endlich Keep It Going erscheint. Vier Jahre in denen sich um die Band einiges getan und in denen man sich vor allen Dingen enorm weiter entwickelt hat. So war schon auf den Touren der letzten Jahre immer wieder festzustellen, dass neue Songs eher in Richtung Reggae tendierten und im Vergleich zu den alten Skapunk-Krachern eher ruhig ausfielen. Kein Wunder, wenn man bedenkt dass sich Gitarrist und Obercaddy Sascha Lazor neben seiner Hauptband auch in vielen anderen Reggae und Dancehall-Projekten austobt. Auch die anderen Mitglieder sind fast alle in anderen Formationen aktiv, haben ihre musikalischen Fähigkeiten so noch weiter ausbauen können und sich entsprechend auch beeinflussen lassen.
Beim ersten Song von Keep It Going ist vom Wandel jedoch noch gar nicht viel zu hören. Trotz seines Titels macht The Dirge nämlich eher genau dort weiter, wo zum Beispiel Songs wie Villains vor vier Jahren aufgehört haben und prescht munter nach vorne. Doch nach dem kraftvollen Start gleitet die Platte mit Backyard gemächlich in ruhigere Gewässer. Der tanzbare zweite Song lebt neben seinen Reggaerhythmen von den kraftvollen Bläsern und einem schönen Chorus. Er wird jedoch schon bald vom wunderbaren State Of Mind übertroffen. Einer traumhaften, melancholischen Reggaenummer, die fast repräsentativ für den neuen Sound der Band sein könnte. Dieses Erzeugen von Stimmungen gelingt wohl nicht vielen Bands des Genres. Unmittelbar danach wird in Today jedoch schon wieder so kräftig auf die Pauke gehauen, dass vermutlich in jedem Konzertsaal zwischen Los Angeles und Berlin künftig neben dem Bier auch der Schweiß wieder in Strömen fließen wird. Der Song über den Morgen nach dem großen Saufexzess erweist sich nämlich als astreine Partyhymne. Without You lebt hingegen wieder vom zackigen Offbeat, dichten Bläsern und einem äußerst eingehenden Refrain. Songs wie Souls For Sale oder Lay Your Head Down entspringen südamerikanischen, teilweise auch osteuropäischen Einflüssen, ohne jedoch zu anbiedernd zu wirken. Hier zeigt sich die Kunst der Mad Caddies ihre musikalischen Einflüsse nicht einfach zu kopieren, sondern sie behutsam in ihren eigenen Sound einzubauen.
Chuck Robertson erweist sich als äußerst vielseitiger Sänger, der allein durch seine Stimme die bisweilen äußerst reduzierten Songs in verschiedene Richtungen treiben lässt. Einerseits gleitet er sanft durch das beschwingte Reflections, um aber kurz darauf schon in der Uptempo Nummer Tired Bones wieder äußerst kraftvoll und robust zu Werke zu gehen. Besonders hervorgehoben werden muss an dieser Stelle noch das französisch angehauchte Coyote, welches man sich zunächst auch in einem Pariser Kaffeehaus an den Champs-Élysées vorstellen könnte, bevor es ziemlich feurig und stimmungsvoll dem Ende zugeht. Dort wartet dann noch die Coverversion Riding For A Fall der Reggaelegende Delroy Wilson, bei der Chuck Robertson gesangliche Unterstützung von Duckie Simpson bekommt, bevor das Album mit der Akustiknummer Whatcha Gonna Do ausklingt.
Wer bei den Mad Caddies bisher nur die krachenden Skapunksongs und den dazugehörigen Moshpit mochte, dürfte mit Keep It Going wohl so seine Probleme haben. Wer die Band jedoch schon immer für ihre Vielseitigkeit geschätzt hat und anerkennen kann, was für großartige Musiker sich hier zusammengefunden haben, wird dieses Album lieben. Keep It Going ist mehr Reggae als Ska. Es ist mehr Rock als Punk. Und auch eher melancholisch als fröhlich. Es ist ein Album voller Stimmungen. Aber doch auch eine Platte für den Sommer. Für einen langen Sommer. Mit den vielleicht besten Songs die diese Band bisher geschrieben hat.
Souls For Sale ist mein Lieblingssong auf dem Album. Allein schon wegen der Textzeile "From the Heat of California to the Streets of Berlin".... Ich mags wenn meine Stadt in Songs erwähnt wird.
Bei "Riding For A Fall" nervt auf Dauer die Dopplung durch den Reggaesänger, vor allem weil dieser relativ uninspiriert einfach nur Textzeilen widerholt und das meiner Meinung nach nichtmal besonders gut.
Sehr geiles Album! Da haben sich die vier Jahre warten gelohnt (Live-Album mal ausgelassen). Super Album, höre es seit drei Wochen durchgehend und bekomme einfach nicht genug davon! Meine Wertung 10/10