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Überschrift: MELT! Festival 2006, 14. - 15. Juli 2006 - Ferropolis, Gräfenhainichen< Älteres Thema | Neueres Thema >
Sven Offline
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Gruppe: Redaktion / Admin
Beiträge: 2968
Seit: 09 2002
Verfasst am: 26. 07 2006, 22:10

Melt! 2006
Ferropolis, Gräfenhainichen
13 000 Besucher
Preis: 50 bis 55 Euro

Aussergewöhnliche Dinge vollzieht man am besten selbst nach. Da bringt es nicht viel, sich davon erzählen zu lassen, darüber zu lesen, oder im Fernsehen ein paar Snippets zu erhaschen. Selbst erleben. Der Witz daran natürlich: dass ich nichts anderes tue als eben darüber zu berichten, es ist die zweitbeste Lösung. Besser als nichts, immerhin.




einschlafen

Das Betreten der Bagger ist verboten. Vielleicht sollten für das Zuspätkommen ähnliche Regeln eingerichtet werden. Die auftretenden Künstler fallen nicht unter Strafe. Es betrifft in erster Linie uns zwei Festivalgefährten, die die Verkehrswege des wilden Ostens kennen und verfluchen lernen. Dabei hätte man es so viel besser wissen können, schon als die Warnungen über liegengebliebene Autos, Rehe und Zelte auf den Strassen nicht weniger werden. Auch später sollen wir uns noch kreativ zeigen, um uns die Warterei auf die Könige des Dancepop zu vertreiben, während Trumpf nach Trumpf nach Trumpf auf den Baggern aufspielt, ohne uns. Eine traurige Angelegenheit.

Natürlich muss dann doch mal was gesagt werden zu diesem Ort, dieser Oase aus Stahl und Wasser bei Berlin. Ohne sich technologische Allmachtsphantasien hereinzusteigern, bleibt zu zusammen zu fassen, dass es wohl kaum einen besseren Platz gibt um etwa, hypothetisch,  Kraftwerk auftreten zu lassen. Oder die Pet Shop Boys. Oder Hell. Aphex Twin.
Die Bagger, diese gigantischen Bergbauungetüme, sind wirklich so wie man sie sich vorstellt. Gigantomanie, absurde Dimensionen und Formen - alles da. Was auf Fotos aber weniger auffällt, ist die Tatsache, dass die Ferropolis auf einer Halbinsel fast komplett von Wasser umschlossen steht. Hereinspringen und abkühlen fast überall möglich, und ja, diese zwei Tage diesen Sommer auch mehr als willkommen.

Wer behauptet, es ist so schön wenn die Sonne untergeht, man in der Ferne Musik vernimmt und sich gemeinsam an einem Ort mit netten Menschen befindet, der stand noch nie vor einem Zelt um erst eine nicht zu unterschätzende Weile lang sein Bändchen abzuwarten (wie viele Leute, oh Herr, stehen denn auf der Gästeliste?) und dann vor seinem Auto um den ADAC am Horizont der Landstrasse herbeizusehnen. Gelb ist quasi die Hausfarbe des Melt! - und somit wohl durchaus passend, dass eben die gelben Engel (yeah! i'm a believer!) die Autoschlüssel aus dem Kofferraum meiner roten Karosse fischen.

Das Lamentieren und Frieren soll irgendwann ein Ende haben, es ist soweit, wir sehen tatsächlich Musik. Musik und feiern, die zentralen Fixpunkte diese zwei Tage, denn wie wichtig den Machern das ist, daran lassen ein Partyzelt inkl. Strandathmosphäre, ein Indieclub, zwei Bühnen, und in all das eingebettet, die offene Zeltstage, keine Zweifel aufkommen. Eben diese Gemini Stage betrete ich dann auch zuerst, um von einem Highlight gleich in den Arm genommen zu werden: Mediengruppe Telekommander liefern veritabel ab, und leisten nebenher einen wichtigen Dienst: diese leicht irre Geilheit ihr Elektropunks hat sich noch nicht überall rumgesprochen, und in diesen tempelgleichen Stahlkulissen lässt es sich wunderbar missionieren. Der Abend ist schon fortgeschritten und das Zelt daher gut gefüllt, obwohl mit Phoenix eine weitere Band, die es versteht über ihren musikalischen Tellerrand zu blicken, gegenüber, aber quasi unüberwindbar von einem dieser riesigen Stahlkolosse getrennt auf der Medusa Mainstage direkt gegen unsere zwei elektronischen Freunde anspielt.
Der weitere Ablauf scheint klar; an den Pet Shop Boys führt kaum ein Weg vorbei. Wie man etwa auch Madonna, die dieses Jahr mit ihrem Festivalauftritt auf dem Coachella absolutes Neuland betritt, eben wenn sich die Möglichkeit denn tatsächlich bietet, zumindest mal kurz reingeschaut haben sollte, verhält es sich auch mit den zwei gesetzten Herren, die die Diskopop per definition in die Welt getragen haben. Nicht mehr zu den jüngsten zu gehören ist wohl für Tennant und Lowe nie ein Problem gewesen, zumindest nicht was ihre Bühnenperformance betreffen sollte; der eine gibt den Gentleman und stolziert etwas über die Bühne, der andere steht unverändert seit über zwanzig Jahren hinter seinem Keyboard. Selbstreden lässt man sich da auch 2006 noch etwas einfallen, denn im Gegensatz zur minimalistischen Release Tour gibt man sich nun wieder völlig pet shop. Besonders die riesigen weißen Stoffaufbauten, von innen beleuchtet und verschiedenartig kombinier- wie bewegbar, machen die Show, in der verlässlich nahezu alle Hits auf dem Silbertablett präsentiert werden, noch ein kleines bisschen grösser. Mit überraschend wenigen aktuellen Songs beendet das Duo also eine für Fans wohl schon etwas zu lang anhaltende Phase; denn wie Tennant bemerkt: "so we're now no german festival virgins anymore!".
Visuell ähnlich beeindruckend punkten Deichkind dann im frühen Morgen mit einem Auftritt, den niemand, der Raab's Bundesvision Song Contest gesehen hat, überraschen dürfte; alle andern aber eben doch. Und das im grossen Stil, denn euphorischen könnte der erste Tag kaum ausklingen, dafür sorgt die abschliessende Stage Invasion (kann man sehen: YouTube hilft gerne weiter mit eben diesen Stichwörtern), dafür sorgen die abgefreakten Outfits (Pyramidenköpfe, Feuerregen überall,  weisse Tiger etc.), dafür sorgen Bo's berherzter Auftritt und auch alte Hits, die vergessen nicht sind. Dazwischen: Hell. Turntablerocker alter Schule weiss er genau was viele Menschen die auch wegen ihm gekommen sind, hören wollen. Wieder gilt: manche wissen eben, wie man das macht. Und wo wird es schwierig: im Meltklub - der ist nämlich notorisch überfüllt, denn richtig viele passen in die kleine Halle leider nicht rein, sodass sich bei Acts wie den Sternen etwa die Massen am Eingang stauen. So und nicht anders sollte sich das bei Kante, Peterlicht oder Schneider TM wiederholen.

Irgendwann - ja irgendwann bauen wir mit Seeblick unser Zelt auf. Die Sonne lässt längst grüssen.



aufstehen

Es geht mit dem regulären Programm erst gegen Abend wieder los, verständlich. Auf Regina Spektor folgen Klee, um nonchalant alles mit elegischer kleine-Mädchen-Prosa vollzukleistern. Und wie gesagt: ein Bad in den gefluteten Kohlebecken um das Gelände herum tut da gut. Was ich über Suzi gelernt habe, als ich am Signiertisch neben ihr stand - behalte ich doch besser für mich (schliesslich möchte ich einen positiven Überblick geben).
Die Editors hingegen machen ihre Sache gut - und geben neben Art Brut und the Kooks einen Überblick, wie englische Gitarrenmusik heute klingt. Davon gar nicht so weit entfernt, lokal wie musikalisch, werden das Pop sehr freundlich aufgenommen, fast überraschend überschwenglich empfangen - wenn gleich Human Thing nun auch schon wieder zwei Jahre zurück liegt.
Langsam scheint die Spannung zu steigen - denn Soulwax, heute Hosts der Gemini Stage beginnen mit Verspätung ihr für die Nacht fertig gemachtes Set - Nite Versions. Als es denn endlich los geht, bin ich nach einiger Zeit sogar etwas enttäuscht - ich kenne die Songs, aber so richtig mögen sie nicht bei mir ankommen. Meine kleine Meinung hindert natürlich einen Pulk Menschen nicht daran, sehr zu tanzen, und vielen gilt ihr Auftritt jetzt und mehr noch ihr Spiel als 2ManyDj's als Highlight dieses Festivals.
Blumfeld setzen einen ungewohnten Kontrapunkt mit ihren Gitarrengeschichten von Äpfeln und kleinen Liedern, den viele so hier nicht erwartet hatten. Was die Spiellaune der Gruppe nicht schmälert. Zwei letzte Höhepunkte sind, und hier wird dann auch kaum einer widersprechen, The Streets wie Aphex Twin. Mike Skinner die Ehrenritterschaft of Melt zu verleihen wäre sicher nicht verkehrt, rettet er doch mit seinem Auftreten einen Funken dieser beiden wunderbaren Tage. Denn nach dem überraschenden Aussscheiden seines Sängers Leo the Lion wurde schnell Ersatz aufgetrieben, um zumindest diesen einen Gig zu bestreiten. Darum bestand das Set auch aus vielen älteren Songs, was aber kaum jemanden zu stören schien.
Wie unglaublich ist am Ende gewesen, master of electronics Aphex Twin dann tatsächlich auf Bühne zu sehen, wie er hinter seinen Turntables steht. Kennt man lediglich einen Teil seiner enorm umfassenden Arbeiten, etwa seine 200bpm Arbeiten, war man von seiner ersten Stunde schlicht verwirrt. Zunächst Ambient, dann das Vergnügen, das haben und schlisslich schon unsere Mütter beigebracht. Das Rollstuhlballet, das währenddessen für eine weitere Stunde die Bühne nicht verliess, war möglicherweise für so manchen Tanzenden nach einer Viertelstunde an Originalität durch, aber Come To Daddy zu spielen, das kam dann doch einem kleinen Ritterschlag gleich.

schlafen, gehen

Es waren zwei aufregende Tage, die auch den Veranstaltern endlich erfreuliche Nachrichten brachten - etwa den neuen Besucherrekord von 13000. Damit einher gehen Erkenntnisse, wie etwa dass bei diesen neuen Verhältnissen, in der man ab nächstes Jahr spielt, alles gerne noch reibungsloser laufen darf - der Einlass etwa, die sanitären Anlagen.
Ist das zu schaffen? Wer einen derartigen Knall über zwei Tage losmacht, ein Leuchten auf Mensch und Maschine zaubert, der bekommt sowas im Handumdrehen hin. Dürfte klar sein.
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Patrick Offline
EdKo



Gruppe: Redaktion
Beiträge: 7544
Seit: 07 2001
Verfasst am: 27. 07 2006, 00:54

Ein super Bericht. Aber mal ehrlich, Alter.

--------------
this is a film that has no end
fiction fights feelings absent
as absurd as it sounds
there´s more truth than you pretend


http://www.monogoic.de

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Christian Offline
Hucke



Gruppe: Redaktion
Beiträge: 2722
Seit: 05 2002
Verfasst am: 27. 07 2006, 01:02

sehr schönes review...

allerdings müssen, wie du schon sagtest, für nächstes jahr jedenfalls wieder mehr sanitäre anlagen und ein besser funktionierender einlass her, das war dieses mal wirklich katastrophal!

ansonsten fand auch ich das melt in diesem jahr wieder wundervoll, wobei es mir letztes mal dann doch noch etwas besser gefallen hat!


--------------


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Ulrich Offline
Team



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Seit: 03 2001
Verfasst am: 27. 07 2006, 19:05

irgendwie findet man die meisten festivals am besten wenn man das erste mal da war. so ist ja nichts mehr überraschend und auch das gelände kickt nicht mehr so.
hatte viel spaß, aphex twin war schlicht genial, alles andere lass ich nicht gelten. peterlicht war auch sehr gut - wer nicht reingekommen ist war doch am zweiten tag selbst schuld, da wusste man doch schon wie voll es werden würde und konnte früh genug kommen. so waren dann nur fans da und die atmosphäre 1:1 wie in einem club, was ich so auf einem festival noch nie erlebt habe. gute sache das.
ganz nettes festival jedenfalls und zu den sanitären anlagen: das festival hat wohl bis in den juli hinein erst etwas mehr als die hälfte der karten verkauft, so daß man auch mit der hälfte an leuten gerechnet hat, gleiches galt für den einlass, wo man auch schon mal eine 3/4-stunde stehen konnte.
was ich ein bißchen schade fand war, dass letzten ende leider doch kaum wirklich gute djs da waren und dass das gelände lichttechnisch langweilig war. was deswegen schade war, weil doch genau jenes das ist, was das festival einmalig machen könnte - was es meiner meinung nach nicht mehr ist und in sachen stimmung etc. doch erhebliche schwächen aufweist.


--------------
The artist formerly known as Ulrich.
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Verfasst am: 08. 08 2006, 01:44

Zitat (Sven @ 26. 07 2006, 22:10)
Melt! 2006
Ferropolis, Gräfenhainichen
13 000 Besucher
Preis: 50 bis 55 Euro

Aussergewöhnliche Dinge vollzieht man am besten selbst nach. Da bringt es nicht viel, sich davon erzählen zu lassen, darüber zu lesen, oder im Fernsehen ein paar Snippets zu erhaschen. Selbst erleben. Der Witz daran natürlich: dass ich nichts anderes tue als eben darüber zu berichten, es ist die zweitbeste Lösung. Besser als nichts, immerhin.




einschlafen

Das Betreten der Bagger ist verboten. Vielleicht sollten für das Zuspätkommen ähnliche Regeln eingerichtet werden. Die auftretenden Künstler fallen nicht unter Strafe. Es betrifft in erster Linie uns zwei Festivalgefährten, die die Verkehrswege des wilden Ostens kennen und verfluchen lernen. Dabei hätte man es so viel besser wissen können, schon als die Warnungen über liegengebliebene Autos, Rehe und Zelte auf den Strassen nicht weniger werden. Auch später sollen wir uns noch kreativ zeigen, um uns die Warterei auf die Könige des Dancepop zu vertreiben, während Trumpf nach Trumpf nach Trumpf auf den Baggern aufspielt, ohne uns. Eine traurige Angelegenheit.

Natürlich muss dann doch mal was gesagt werden zu diesem Ort, dieser Oase aus Stahl und Wasser bei Berlin. Ohne sich technologische Allmachtsphantasien hereinzusteigern, bleibt zu zusammen zu fassen, dass es wohl kaum einen besseren Platz gibt um etwa, hypothetisch,  Kraftwerk auftreten zu lassen. Oder die Pet Shop Boys. Oder Hell. Aphex Twin.
Die Bagger, diese gigantischen Bergbauungetüme, sind wirklich so wie man sie sich vorstellt. Gigantomanie, absurde Dimensionen und Formen - alles da. Was auf Fotos aber weniger auffällt, ist die Tatsache, dass die Ferropolis auf einer Halbinsel fast komplett von Wasser umschlossen steht. Hereinspringen und abkühlen fast überall möglich, und ja, diese zwei Tage diesen Sommer auch mehr als willkommen.

Wer behauptet, es ist so schön wenn die Sonne untergeht, man in der Ferne Musik vernimmt und sich gemeinsam an einem Ort mit netten Menschen befindet, der stand noch nie vor einem Zelt um erst eine nicht zu unterschätzende Weile lang sein Bändchen abzuwarten (wie viele Leute, oh Herr, stehen denn auf der Gästeliste?) und dann vor seinem Auto um den ADAC am Horizont der Landstrasse herbeizusehnen. Gelb ist quasi die Hausfarbe des Melt! - und somit wohl durchaus passend, dass eben die gelben Engel (yeah! i'm a believer!) die Autoschlüssel aus dem Kofferraum meiner roten Karosse fischen.

Das Lamentieren und Frieren soll irgendwann ein Ende haben, es ist soweit, wir sehen tatsächlich Musik. Musik und feiern, die zentralen Fixpunkte diese zwei Tage, denn wie wichtig den Machern das ist, daran lassen ein Partyzelt inkl. Strandathmosphäre, ein Indieclub, zwei Bühnen, und in all das eingebettet, die offene Zeltstage, keine Zweifel aufkommen. Eben diese Gemini Stage betrete ich dann auch zuerst, um von einem Highlight gleich in den Arm genommen zu werden: Mediengruppe Telekommander liefern veritabel ab, und leisten nebenher einen wichtigen Dienst: diese leicht irre Geilheit ihr Elektropunks hat sich noch nicht überall rumgesprochen, und in diesen tempelgleichen Stahlkulissen lässt es sich wunderbar missionieren. Der Abend ist schon fortgeschritten und das Zelt daher gut gefüllt, obwohl mit Phoenix eine weitere Band, die es versteht über ihren musikalischen Tellerrand zu blicken, gegenüber, aber quasi unüberwindbar von einem dieser riesigen Stahlkolosse getrennt auf der Medusa Mainstage direkt gegen unsere zwei elektronischen Freunde anspielt.
Der weitere Ablauf scheint klar; an den Pet Shop Boys führt kaum ein Weg vorbei. Wie man etwa auch Madonna, die dieses Jahr mit ihrem Festivalauftritt auf dem Coachella absolutes Neuland betritt, eben wenn sich die Möglichkeit denn tatsächlich bietet, zumindest mal kurz reingeschaut haben sollte, verhält es sich auch mit den zwei gesetzten Herren, die die Diskopop per definition in die Welt getragen haben. Nicht mehr zu den jüngsten zu gehören ist wohl für Tennant und Lowe nie ein Problem gewesen, zumindest nicht was ihre Bühnenperformance betreffen sollte; der eine gibt den Gentleman und stolziert etwas über die Bühne, der andere steht unverändert seit über zwanzig Jahren hinter seinem Keyboard. Selbstreden lässt man sich da auch 2006 noch etwas einfallen, denn im Gegensatz zur minimalistischen Release Tour gibt man sich nun wieder völlig pet shop. Besonders die riesigen weißen Stoffaufbauten, von innen beleuchtet und verschiedenartig kombinier- wie bewegbar, machen die Show, in der verlässlich nahezu alle Hits auf dem Silbertablett präsentiert werden, noch ein kleines bisschen grösser. Mit überraschend wenigen aktuellen Songs beendet das Duo also eine für Fans wohl schon etwas zu lang anhaltende Phase; denn wie Tennant bemerkt: "so we're now no german festival virgins anymore!".
Visuell ähnlich beeindruckend punkten Deichkind dann im frühen Morgen mit einem Auftritt, den niemand, der Raab's Bundesvision Song Contest gesehen hat, überraschen dürfte; alle andern aber eben doch. Und das im grossen Stil, denn euphorischen könnte der erste Tag kaum ausklingen, dafür sorgt die abschliessende Stage Invasion (kann man sehen: YouTube hilft gerne weiter mit eben diesen Stichwörtern), dafür sorgen die abgefreakten Outfits (Pyramidenköpfe, Feuerregen überall,  weisse Tiger etc.), dafür sorgen Bo's berherzter Auftritt und auch alte Hits, die vergessen nicht sind. Dazwischen: Hell. Turntablerocker alter Schule weiss er genau was viele Menschen die auch wegen ihm gekommen sind, hören wollen. Wieder gilt: manche wissen eben, wie man das macht. Und wo wird es schwierig: im Meltklub - der ist nämlich notorisch überfüllt, denn richtig viele passen in die kleine Halle leider nicht rein, sodass sich bei Acts wie den Sternen etwa die Massen am Eingang stauen. So und nicht anders sollte sich das bei Kante, Peterlicht oder Schneider TM wiederholen.

Irgendwann - ja irgendwann bauen wir mit Seeblick unser Zelt auf. Die Sonne lässt längst grüssen.



aufstehen

Es geht mit dem regulären Programm erst gegen Abend wieder los, verständlich. Auf Regina Spektor folgen Klee, um nonchalant alles mit elegischer kleine-Mädchen-Prosa vollzukleistern. Und wie gesagt: ein Bad in den gefluteten Kohlebecken um das Gelände herum tut da gut. Was ich über Suzi gelernt habe, als ich am Signiertisch neben ihr stand - behalte ich doch besser für mich (schliesslich möchte ich einen positiven Überblick geben).
Die Editors hingegen machen ihre Sache gut - und geben neben Art Brut und the Kooks einen Überblick, wie englische Gitarrenmusik heute klingt. Davon gar nicht so weit entfernt, lokal wie musikalisch, werden das Pop sehr freundlich aufgenommen, fast überraschend überschwenglich empfangen - wenn gleich Human Thing nun auch schon wieder zwei Jahre zurück liegt.
Langsam scheint die Spannung zu steigen - denn Soulwax, heute Hosts der Gemini Stage beginnen mit Verspätung ihr für die Nacht fertig gemachtes Set - Nite Versions. Als es denn endlich los geht, bin ich nach einiger Zeit sogar etwas enttäuscht - ich kenne die Songs, aber so richtig mögen sie nicht bei mir ankommen. Meine kleine Meinung hindert natürlich einen Pulk Menschen nicht daran, sehr zu tanzen, und vielen gilt ihr Auftritt jetzt und mehr noch ihr Spiel als 2ManyDj's als Highlight dieses Festivals.
Blumfeld setzen einen ungewohnten Kontrapunkt mit ihren Gitarrengeschichten von Äpfeln und kleinen Liedern, den viele so hier nicht erwartet hatten. Was die Spiellaune der Gruppe nicht schmälert. Zwei letzte Höhepunkte sind, und hier wird dann auch kaum einer widersprechen, The Streets wie Aphex Twin. Mike Skinner die Ehrenritterschaft of Melt zu verleihen wäre sicher nicht verkehrt, rettet er doch mit seinem Auftreten einen Funken dieser beiden wunderbaren Tage. Denn nach dem überraschenden Aussscheiden seines Sängers Leo the Lion wurde schnell Ersatz aufgetrieben, um zumindest diesen einen Gig zu bestreiten. Darum bestand das Set auch aus vielen älteren Songs, was aber kaum jemanden zu stören schien.
Wie unglaublich ist am Ende gewesen, master of electronics Aphex Twin dann tatsächlich auf Bühne zu sehen, wie er hinter seinen Turntables steht. Kennt man lediglich einen Teil seiner enorm umfassenden Arbeiten, etwa seine 200bpm Arbeiten, war man von seiner ersten Stunde schlicht verwirrt. Zunächst Ambient, dann das Vergnügen, das haben und schlisslich schon unsere Mütter beigebracht. Das Rollstuhlballet, das währenddessen für eine weitere Stunde die Bühne nicht verliess, war möglicherweise für so manchen Tanzenden nach einer Viertelstunde an Originalität durch, aber Come To Daddy zu spielen, das kam dann doch einem kleinen Ritterschlag gleich.

schlafen, gehen

Es waren zwei aufregende Tage, die auch den Veranstaltern endlich erfreuliche Nachrichten brachten - etwa den neuen Besucherrekord von 13000. Damit einher gehen Erkenntnisse, wie etwa dass bei diesen neuen Verhältnissen, in der man ab nächstes Jahr spielt, alles gerne noch reibungsloser laufen darf - der Einlass etwa, die sanitären Anlagen.
Ist das zu schaffen? Wer einen derartigen Knall über zwei Tage losmacht, ein Leuchten auf Mensch und Maschine zaubert, der bekommt sowas im Handumdrehen hin. Dürfte klar sein.

Großes Kino diese Review zu DEM Festival-Ereignis schlechthin: das Melt! - bestes Billing, beste Location und inbesondere (zumal es kaum jemand erwähnt:) bestes Publikum wo gibt!
Bis nächstes Jahr dann - das Melt! wird 10 ... übrigens ...
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4 Antworten seit 26. 07 2006, 22:10 < Älteres Thema | Neueres Thema >

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