Stil: Ipecac Records Geeks 13.7.03 Hamburg, Fabrik ca. 600 Besucher
An einem heißen, schwülen Tag in Hamburg, irgendwo in Altona. Die Fabrik ist gut gefüllt, die Luft zum ersticken dünn. Bei Ankunft spielen schon Kaada. Fragt man sich auf Platte noch, warum der eher poppige Elektro-Musiker auf dem Freaklabel Nr.1 Ipecac eine Heimat gefunden hat, werden all diese Zweifel beim Betrachten der Show zerstreut. Derart egozentrisch, in sich künstlerisch und irgendwie Psycho sind wohl alle Artists auf dem Patton-Label. Live kommt ein dichter, oft psychedelischer Sound auf mich zugewalzt, der mich zum Teil umhaut, zum Teil aber auch nur kopfschütteln macht. Zwischen einem Keyboard und einem Synthesizer hangelt sich Mr.Kaada, von einer Gitarre und einem grandiosen Schlagzeug begleitet, von Song zu Song. Mit "Thank You For Giving Me You Valuable Time" schließt Kaada nach nur zwanzig Minuten den ersten Akt des Abends und ich will ihm das gleiche sagen. Gut, für den Anfang. Nach erfreulich kurzem Umbau (der unter anderem von einem Wikinger vorgenommen nimmt - strange) dann die Psychos von den Melvins, die von Beginn an zeigen wie man rockt und wie sehr man sich um Genres wie Stoner oder Grunge kümmert (nämlich gar nicht). Auch hier oft psychedelisch, immer aber nach vorne rockend und natürlich kommt es zum Pit, dem ich aber heute fern bleibe. Ich für meinen Teil schwitzte ja schließlich schon im stehen und der ein oder andere kippte bei vorherrschenem Sauerstoffmangel gepaart mit schwitzenden Körper an schwitzendem Körper auch schon mal um. Gute Show einer herausragenden Band, das. Mike Patton ließ uns dann mit dem Auftritt seiner All-Star-Group Tomahawk etwas länger warten, ließ es sich aber nicht nehmen seine Elektrogeräte gleich selbst aufzubauen und zu konfigurieren. Patton, der wie immer den Jahresverbrauch eines Otto Normal-Bürgers an Haargel und Schaumfestiger an einem Abend verbrauchte, legte mit grotesken und eigenartigen Zwitscher-Vögel-Tönen los, bevor es freakrockend weiter ging. Geboten wurde der richtige Mix aus dem selbstbetitelen Debütalbum und dem aktuellen zweiten Mit Gas. Patton strahlte seine einmalige Aura aus, so dass man nie wußte ob man jetzt einem gutbürgerlichen 0815 Bürger oder einem komplett wahnsinnigem Irren auf Speed lauschte. Ich gelange aber aufgrund seines grandiosen Mouth-Music-Intermezzos defintiv zu letzterem Fazit. Die Meute tobte bei jedem rockigem Takt und ließ mir Steh-Schwitzer keine Ruhe. Naja, gegen mosher habe ich eigenltich gar nichts, aber wie immer war auch die auslöschungswürdige Rasse der Ich-Bin-So-Glücklich-Dass-Ich-Auch-Ohne-Grund-Und-Erst-Recht-Ohne-Rücksicht-Auf-Verlust-Springer anwesend. Naja, muss es wohl auch geben. Schmeißfliegen haben ja im biologischen Kreislauf auch irgendeine Bedeutung. Im Laufe der Zeit verlor Patton dann sein Harnetz und seine Kóntrolle. Ja, er sprach zwischen den Songs sogar mit uns! War auch gut, aber bei aller Liebe zu Patton und seinen Leistungen: in Hamburg einen Witz über die doppelte Bedeutung des Namens der Bewohner Hamburgs zu machen ist nicht witzig. Nach einer Stunde und nach dem Burnersong Flashback verließ uns der gute Mikey mit Störgeräuschen und ohne Zugabe. Wie alle anderen Künstler des Abends übrigens auch. Das bleibt dann aber auch der einzige wirkliche Kritikpunkt einer umwerfenden, unvergesslichen und zugleich strange-weirden Geek Show. Ins immer noch schwüle Hamburg ziehend dachte ich dann, inspiriert von der Psycho-Show, über Blümchen, Bienchen, Gott und blutig-eitrigen Massenmord nach.
-------------- The artist formerly known as Ulrich.
