Wenn Muff Potters Nagel alleine, nur mit einer Reisetasche in der einen und seiner Gitarre in der anderen Hand, per Zug durch die Lande reist, kommt er am Wiesbadener Hauptbahnhof nicht vorbei. Von hier ist es dann sowieso nur noch einen Steinwurf zum alten Schlachthof, wo Nagel und diverse Mitglieder einer befreundeten Band aus Gainesville/Florida auf gemeinsamer Tour die Wände schon mal mit "Hot Potter Music“-Schriftzügen verschönert haben. Trotzdem haben ihn die Schlachthofleute immer wieder eingeladen und mittlerweile ist daraus wohl eine echte Freundschaft entstanden. Freunde Der Nacht/Ruhe nennt sich der hauptberufliche Sänger der Münsteraner Band an diesem Abend und bei freiem Eintritt ist die schmucke Kneipe 60/40 des Schlachthofes dann auch prächtig gefüllt, als zunächst der amüsante Comic-Kurzfilm "Show Me Heaven, Fucking Hell" gezeigt wird. Entstanden in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Künstler Aku, schildert Nagel hier seine Erlebnisse auf einer dieser überflüssigen Studenten-WG-Parties, auf denen es meistens noch viel schlimmer kommt, als man es vorher schon erwartet hat. Musik gibt es im Anschluss daran und auch wenn Nagel selbst behauptet am liebsten Verrisse zu lesen, komme ich wohl nicht umhin, ihn an dieser Stelle zu loben. Wenn man seinen Auftritt rein stimmlich mit den Muff Potter-Shows vor ein paar Jahren vergleicht, ist schon seit geraumer Zeit ein enormer Wandel erkennbar. In erster Linie gibt es dann natürlich Muff Potter-Songs zu hören, die auch im akustischen Gewand zu gefallen wissen. Vor allem trifft dies auf die eh schon ruhigeren Sachen, wie "Die Etwas Öde Ballade Der Tristessa M." oder noch viel mehr, auf das wunderschön, traurige "Bring Dich Doch Selbst Nach Haus“ zu. Zudem hat Nagel für Freunde Der Nacht/Ruhe mittlerweile auch eigene hübsche Songs geschrieben, die es jedoch ehrlich gesagt weder musikalisch, noch textlich kaum auf eine der letzten beiden Muff Potter-Platten geschafft hätten. Dafür überzeugen jedoch die kleinen Geschichten rund um die Entstehung dieser Lieder. In "Ich Hab Ihm Ins Gesicht Gespieen" erzählt Nagel auf amüsante Art und Weise nämlich davon, wie er im letzten Herbst in eine Schlägerei mit einem kleinen Dorfnazi geraten ist. Überhaupt ist Nagel heute weitaus gesprächiger, als bei den Shows seiner Hauptband. So streut er, teilweise auswendig gelernt, oft jedoch auch spontan, immer wieder kleine Anekdoten ins Programm ein. Diese häufen sich mit steigendem Alkoholkonsum auf und vor der Bühne und so wird das Ganze zu einem richtig gemütlichen Konzert, an dessen Ende Nagel ein mitreißendes Plädoyer für das Musik-Fan-Sein hält. Nach anderthalb Stunden endet der Abend dann unter reger Publikumsmiteinbeziehung mit dem Muff Potter-Klassiker "Placebo Domingo", einigen wenigen Zeilen von "Los, Stop, Schade" und dem Tocotronic-Cover "Ich Mag Dich Einfach Nicht Mehr So". Sowohl das Publikum, als auch Nagel selbst sind danach mal wieder begeistert vom Abend und man verspricht sich wiederzukommen, denn ohne Scham darf ich mich wiederholen und sagen, dass der Schlachthof und Muff Potter einfach gut zusammenpassen.
22 Gleise später Die etwas öde Ballade der Tristessa M. Ich fühle mich so ungewohnt, ungewohnt Das Ernte23 Dankfest Mein Schützengraben Ich hab ihm ins Gesicht gespieen Elend #16 Bonzo goes to Bitburg (Ramones Cover) Surrogat Wenn, dann das hier Bring dich doch selbst nach Haus -------------- Placebo Domingo Ich mag dich einfach nicht mehr so (Tocotronic Cover)
FREUNDE DER NACHT/RUHE
