Karlstorbahnhof, Heidelberg 25. Mai 2006 ca. 400 Besucher
compute. blingbling. scream. dance.
Manchmal fangen auch die grössten Dinge ganz klein an. So haben Florian Zwietnig und Gerald Mandl mir vor Jahren auf der Schwelle vor eben jener Venue, auf der sie auch diesen Abend so einige Intensivitäten vom Stapel lassen würden, dort also erzählt was alles so möglich sein müsse mit Beats und Gitarren. was ein kleiner Widerstand denn im Endeffekt ausmachen könne. Die Macht der Lüge und der Aufklärung - Knüppel und Plüsch. Der letzte Absatz ist erlogen. Dass ich die zwei aber an diesem Abend sah, das ist nicht gelogen. Vertrauen zahlt sich am Ende aus - glauben Sie mir. Wenn das schon nicht stimmt, wie steht es mit dem Widerstand? Wichtiger vielleicht, wie ist es beschieden um claims wie sie in Jedem Sein Disco proklamiert werden? Mit der Vorgruppe unter leicht irreparablem Namen Nid + Sancy wird es zunächsts nichts, denn, so erzählt mir die Band später am Grabbeltisch of music, das Pärchen hat ihrem Kind wegen kurzerhand die Tour abbrechen müssen. Und auf meinen empörten Ruf nach mehr Songs wird nur entgegnet, dass die beiden eben jenen Disco noch gar nicht spielen können. Am Ende sollte alles gut werden, denn wenn auch ihre zweite Platte runder und tanzbarer, dafür aber eben etwas weniger anstössig und unbequem durchklingt - die Haltung, das Verlangen nach screamodisco bleibt. Der Wille zur unbedingten Party; ob sich das ernst nehmen muss hat da keiner jemals gefragt. Offenbar haben die beiden in ihren Strasskostümen jegliche Maskerade nämlich nötig, und das willige Jungvolk dankt mit fast schon grenzenloser Euphorie, die ich, jaja, so auch nur ganz selten oder nie hier erleben durfte. Doch wieder ein Moment, der Hoffnung gibt für Heidelberg City, dieser Moloch von gähn, diese einzige Lüge mit so vielen Studenten und so wenig Bewegung. Denn die Menschen hier scheinen ausgehungert, nach schwarzem RockRoll, lauten Beats und sprengbarem Körperlichen. Es ist alles sehr schön, das Konzert geht an seine Grenzen und feuert nahezu alles ab was bereit steht (Kommanda1, 20 Minuten nach Konzertbeginn: Nee, "Panzer muss noch warten, sonst haben wir ja schon alle unsere zwei Hits durch!"), die Visionscreens (ein abenteuerliche Begriff, aber alles würde dem Vokabular der Mediengruppe in diesem Zusammenhang spotten) zeigen altbewährt von Bühne aus was in den ersten Reihen abgeht, und letzten Endes steigt unsere Stadlsänger doch noch in die glückliche Menge herab, denn anders hält das hier keiner mehr aus, weder die die bezahlen noch die die bezahlt werden. Freunde, es war ein tatsächlich magischer Abend. Ich kann mich kaum an Konzerte erinnern, die über die (obligatorischen) zwei Zugaben hinausgingen. Hier waren es drei, und danach war nur Schluss, weil der Band schließlich das Material ausging. Wie Herr Rezensent über diesen Auftritt in ein paar Jahren sprechen wird, darüber kann wohl nur fröhlich gemutmaßt werden.
