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+---Thema: Matula - Blinker Eröffnet von Christian


Beitrag von: Christian an 23. 05 2010, 15:30

MATULA - BLINKER

Stil: deutschsprachiger Punkrock
Release: 07. Mai 2010
Label: Zeitstrafe / Cargo Records
Spieldauer: 10 Titel; 30:55 Minuten
Anspieltipps: Fridtjof Nansen, Hammerbrook, Over The Top

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Frag nicht nach Sonne, frag nach einem Anorak.

Drei Jahre haben sich Matula Zeit gelassen mit dem Nachfolger ihres Debütalbums Kuddel, das uns im Sommer 2007 mit seinem spröden Charme überwältigte. “Wie wollen die das toppen?“ war eine häufige Frage der letzten Monate. Doch müssen sie das überhaupt? Oder sind solch sympathische Bands nicht eh jenseits von Gut und Böse - Over The Top quasi, wie auch der heimliche Hit dieses Albums heißt. Und wie kommt es eigentlich, dass man bei Matula immer von heimlichen Hits spricht? Fällt es so schwer sich einzugestehen, dass diese kleine Kapelle mit schrammeligem Gitarrensound und norddeutsch-nuschelndem Sänger einfach Musik fürs Herz macht? Dabei werden hier eigentlich nur kleine Geschichten erzählt. Nichts besonderes auf den ersten Blick. Doch jede einzelne wunderbar sorgsam erarbeitet und immer mit unglaublich viel Platz für Interpretationen. Auch auf Blinker gelingt es Matula dabei nicht zu sehr abzudriften, aber eben auch nicht zu intim zu werden, wie es anderen deutschen Bands bisweilen passiert. Die Erlebnisse aus Kneipen in Hammerbrook, die Geschichte vom Misanthropen, dem in Böller am Silvestertag nur ein John K. Samson-Zitat hilft oder die Betrachtungen des Friedensnobelpreisträgers Fridtjof Nansen auf seinen Polarexpeditionen. Das alles wird ironisch-nüchtern, aber immer mit einem außerordentlichen Sinn für Sprache und Gefühl erzählt.

Frag nicht nach Sonne, frag nach einer Winterjacke.

Gebettet sind diese Geschichten in eine Mischung aus 90er-Jahre Emopunk und, man möchte fast sagen, jede Menge Indierock. Mal getragen, mal mit ganz viel Drive nach vorne. Vor allem aber auch hier immer wieder mit dem richtigen Gefühl. Ganz speziell wenn sogar mal ein Schifferklavier dezent zum Einsatz kommt. Oder der rumpelige Chor im letzten Song Karaoke, bestehend aus einem Captain Planet- und Matula-Gemisch, erklingt. Diese Rezeptur aus dem familiären Umfeld des Labels Zeitstrafe hat den deutschen Punkrock in den letzten Jahren ganz schön auf den Kopf gestellt. Und das ist das Schöne daran: es wird weitergehen. Matula werden sich mit dieser tollen Platte weiter den Arsch abspielen. Entgegen der bürgerlichen Angleridylle mit Familienausflug zum See im Artwork dieses Albums, interpretiert man lieber: Blinker raus auf der Autobahn, Kilometer machen, Konzerte spielen, Bier trinken, Herzblut vergießen. Da lässt man sich schon gar nicht vom Urlaubsverkehr aufhalten. Auch dazu haben die Jungs einen Song gemacht. Reisezeit mit Stau auf den Strassen, Sonnencreme im Koffer, die Arbeitsgruppe “Voran in die Sonne“, wie von Sinnen unterwegs - mittendrin, mit Schrammelpunk im Kopf und Leidenschaft im Herzen, Matula.


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