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+---Thema: Edie Sedgwick - Her Love Is Real, But She Is Not Eröffnet von Ulrich


Beitrag von: Ulrich an 12. 03 2005, 18:30

EDIE SEDGWICK – HER LOVE IS REAL

Stil: New Wave Of Lofi Fraggle Rock
Release: 27. März 2005
Label: Southern Records
Spielzeit: 14 Songs, 37.49 Minuten
MP3: < > Martin Sheen >

< http://www.ediesedgwick.biz >
< http://www.southern.net >



Man könnte jetzt viel schreiben über Edie Sedgwick, weil er oder sie oder es uns viel gegeben hat worüber wir schreiben können. Beispielsweise wie Justin Moyer von den Dischord-Artrockern El Guapo darauf gekommen ist sich in eine in den siebzigern gestorbene Drogen-und-Berühmte-Personen-Abhängige zu verwandeln und warum er nur über Schauspieler „singt“. Was für eine Philosophie dahinter steckt, die er offenbar komplett ausgearbeitet hat und wie man das auf die moderne Unterhaltungsgesellschaft übertragen und anwenden könnte. Aber ehrlich gesagt ist das Paradigma dahinter doch nebensächlich, jetzt da ihr wisst, das es ein solchen gibt – die Musik ist wichtig, und deswegen soll hier auch über die Songs geschrieben werden und nicht über eine zweifelsohne witzige Idee – denn diesen satirischen Nonsens finde ich persönlich wirklich witzig.
Das Sedgwickalbum Her Love Is Real, But She Is Not also beginnt mit Martin Sheen, einem heftigen Opener mit drückendem Euro-Technostakkato und ein waschechter Ohrwurm dazu. Der Backgroundbeat erinnert hier (und noch sehr oft auf diesem Album) an die Midisoundtracks von 80er Jahre-Videospielen, hier vielleicht eines Jump’n’Shoots zu einem Chuck-Norris-B-Kriegsmovie. Zu letzterem passt auch der Inhalt, eine krude Geschichte über den heldenhaften Vietnam-Helden Martin Sheen (-> „I living in the USA when Martin Sheen is president.“). Ein Song eines Album, das beweist: die Apokalypse ist nicht jetzt, sondern wir leben schon längst in einer durchgestylten Postklingeltonapokalyptischen Welt. Wie ein Hardcoreklingelton klingt auch der nächste Track, eine kurze Synthiekakaphonie die fast ein EBM a la Apoptygma Berzerk meets Digital Hardcore a la Atari Teenage Riot-Niveau erreicht und der in Sachen Humor und Atmosphäre an Atom und sein Package erinnern lässt – auch hier nicht das letzte Mal, dass einem diese Assoziation kommt.
Auch die folgenden Songs sind chaotisch, energetisch, albern und Lofi as Lofi can, nerven bis du dich in sie verliebst und du liebst sie so lange bis sie dich wieder mächtig nerven.
Es gibt die ein oder andere Parallele zu angesagtem Wave-Rock zwischen The Faint und !!! (besonders Michael J. Fox klingt stark nach dem Warp-Act), allerdings bewusst viel billiger gehalten und zuweilen wie mit dem Magix Music Maker fabriziert. 8-Bit-Musik mit Songwriter-Appeal (Lucy Lui erinnert ein bisschen an Mikron 64), die aber dem aufmerksamen Hörer immer wieder versteckte The Faint-Indiegitarren präsentieren und zeigen, wo der Musiker hier eigentlich herkommt.
Wenn die Hintergrundmusik LoFi und aus Musiksharewareprogramme ist, dann stammt der penetrante Gesang, den man wie alles an Edie Sedgwick entweder lieben oder aber hassen muss, aus einer Jim Henson-Show. Bei Arnold Schwarzenegger feiern alle Fraggles in einer verborgenen Höhle in Edies Stimmbändern eine riesige Fete, auch sonst blitzt immer wieder der wilde Henson-Gesang durch und optisch wäre ja sowieso ein Gastauftritt in der Muppet Show (oder noch eher bei Meet The Feebles) denkbar.
Nicht immer geht das freilich gut, sondern auch mal gehörig auf die Eier, dann aber hört man wieder grandioses wie in der zweiten Albumhälfte bei den Highlights wie Harrison Ford, mit affigem Affengesang und Backgroundrhytmus aus einem C64-Indiana-Jones-Videospiel, der mich an wilde Kindergeburtstags-Fate-Of-Atlantis-Raubkopieraktionen denken lässt. Wenn ein nicht immer gutes aber definitiv stets kurzweiliges Album (was aber wohl auch gewollt ist) mit Arnold Schwarzenegger II, das wie eine kranke Mambo Kurt-Version von Amazing Grace klingt, und dem besten Song des Albums Haley Joel Osment, ein atmosphärisch dichter quietischiger Lofi-Indie-Elektro-Dancefloor-Bastard endet, dann wird zusammengefasst: „Her Love Is Real, But He Is Not.“
I Hear Dead People, I Listen To New Wave Of LoFi Fraggle Rock. Darauf hat die Welt nicht gewartet, wird aber bereitwillig die Beine breit machen.

Beitrag von: krazzo an 12. 03 2005, 19:01

hässliches cover, liegt wohl am typen :D
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