Queens Of The Stone Age – Lullabies To Paralyze Stil: Rock Label: Interscope/ Universal Spielzeit: 15 Songs; 62.38min (inkl. Bonustrack) Release: 21.03.05 Anspieltips: Burn The Witch, I Never Came, Tangled Up In Plaid...
Wenn man daran glaubt, dass das dritte Album tatsächlich die weitere Laufbahn einer Band bestimmt, haben die Queens of The Stone Age mit ‚Songs for The Deaf’ alles richtig gemacht. Das Album war der Liebhaber der gesamten Musikjournaille, welche schon nach der ersten Nacht davon überzeugt war, den besten Fick des Jahrzehnts erlebt zu haben. Hinzu kam, dass „Songs for The Deaf“ trotzdem jederzeit der eigenen Mutter vorgestellt werden konnte. Die hätte ihren Schwiegersohn in Spe am liebsten selbst gleich ins Schlafzimmer gezerrt. Die Platte war der impulsive Draufgänger der, in seiner Selbstsicherheit, Spontaneität und Unternehmungslust schon fast arrogant, immer und überall siegreich war. Ob es nun um den Messerkampf in einer dunklen Gasse oder um die Podiumsdiskussion ging war egal.
Lullabies To Paralyze stand schon vor seiner Geburt im Schatten des großen Bruders. Großgezogen von den besten Eltern, (diesmal neben Übervater Josh Homme u. A. Chris Goss, Mark Lanegan, Alain Johannes, Billy Gibbons von ZZ Top, Brody Dalle, Shirley Manson, Troy van Leeuwen und Joey Castillo) ausgestattet mit den besten Genen, wäre es überall als das herausragende Album gefeiert worden, dass es ist. Wenn es eben nicht nach ‚Songs for The Deaf’ geboren worden wäre. Und wenn Dave Grohl und Nick Olivieri nicht von der Erziehung des Kindes ausgeschlossen worden wären. Und wenn sich Lullabies To Paralyze nicht zu einer multiplen Persönlichkeit bestehend aus extrovertiertem Künstler, gerissenem Kriminellen und in sich gekehrtem Irren entwickelt hätte. Nun wird es überall als ein zwar nicht so fantastisches wie ‚Songs for The Deaf’ aber immer noch gutes Album gefeiert. Die Gedanken schweifen beim Sex anscheinend immer noch zum Vorgänger. Der war noch ein bisschen zärtlicher, noch ein bisschen stürmischer, noch ein bisschen…besser. Und sein Schwanz war noch ein bisschen größer. Aber wie das mit der Erinnerung an alte Zeiten so ist, kann einem selbige schon mal etwas im Stich lassen. Dann entwickelt sich Wunschdenken, man verdrängt dass sich ‚Songs for the Deaf’ ganz gerne Auszeiten in Form von langwierigen Radiointerludes geleistet hat und dank seiner Ausnahmestellung hier und da schon mal mit einen Bewertungspunkt zuviel rezensiert wurde. Und mit der Zeit hat man dann doch mal zum Buch gegriffen anstatt sich liebkosen zu lassen.
Wenn man sich diesem Umstand bewusst wird, fällt einem plötzlich auf, dass ‚Lullabies’ mindestens genauso souverän und erfahren wie sein Bruder ist. Nur trägt er anstatt des roten Hemdes ein tiefschwarzes T-shirt, bewohnt anstatt der geräumigen Innenstadtwohnung ein altes Haus im Wald. Die Songs die sein Leben schreiben berichten von sprudelnder, jugendlicher Energie (Medication, Everybody Knows That You Are Insane, Little Sister), tiefen Einschnitten (Someone’s In The Wolf) und der Erinnerung an die fast schon vergessenen älteren Geschwister (Broken Box, The Blood is Love). Und natürlich vom Ende.