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+---Thema: Live - Songs From Black Mountain Eröffnet von Patrick


Beitrag von: Patrick an 05. 05 2006, 12:31

LIVE - SONGS FROM BLACK MOUNTAIN

Stil: Mainstream-Poprock
Label: < Sony BMG >
Spieldauer: 12 Tracks, 42.24 min.
Release: 07. April 2006
Artikel bei purerock.de: < >> Review 'Awake: The Best Of Live' >

< Offizielle Bandhomepage >
< Fanpage >

Der Hohepriester des Hippie-Rock ist zurück - Ed Kowalczyk und Co ruinieren weiterhin erfolgreich ihren einstmals guten Ruf.

Spätestens nach "The Distance To Here" (1999) veröffentlichten Live ausschließlich absolut verzichtbare, obsolete Alben voller Songs, die mit einem Auge für´s Radioairplay, mit dem anderen für´s Aufstocken der dicken Geldbörse produziert wurden. Auch bei dem mittlerweile siebten Album "Songs From Black Mountain" tendiert der künstlerische Gehalt gegen Null und man wird das Gefühl nicht los, dass hier knallhart kalkuliert wurde - solch gefällige, seichte und familientaugliche Musik kann spontan wohl kaum entstehen. Die Zeiten, in denen man Live noch getrost als authentische "Alternative Rock"-Band bezeichnen konnte, sind jedenfalls schon lange vorbei. Nach über 20 Millionen verkauften Platten (Drummer Chad Gracey hat seine ersparten Milliönchen übrigens in eine eigene Offroad-Car-Firma gesteckt...) sind Live nicht nur Teil des Mainstreams, sie verkörpern ihn innig.

Doch um Sellout sollte es hier nicht gehen, würden die Songs nur stimmen. Doch in erster Linie ruft das Songmaterial nur eines hervor: pure Langeweile. Symptomatisch die erste Single "The River": Akustikgitarre, leicht einprägsame Melodie, schematische Song-Struktur - ein am Reißbrett entstandener, potentieller Hit für die sogenannten Alternative-Radios dieser Welt, den jeder nach dem zweiten Refrain mitsingen kann, der aber völlig blutleer und einschläfernd berechenbar daherkommt.

So peinlich und anbiedernd die Raprock-Experimente auf dem vorletzten Album "V auch waren, so waren sie doch immer noch mutiger als der neue, nur noch auf absolute Sicherheit bedachte Output. Live wären gerne die Verwalter ihres eigenen Erbes, doch dieser Kredit ist längst aufgebraucht. Einzig und allein das düstere "Show" lässt nochmal Erinnerungen an bessere Zeiten aufkommen. Und nicht, dass mir jetzt jemand mit dem Argument kommt, das sei doch "gut gemachte Radiomusik", denn das kann der Anspruch dieser Band nicht sein. Wenn "gut gemacht" allerdings heißen sollte, dass man erfolgreich ein verkaufsträchtiges Produkt hergestellt hat, bin ich geneigt, zuzustimmen - nur sollte man das nicht mit künstlerischer Integrität oder musikalischer Klasse verwechseln.

Wenn dann der Chef of Love and Happiness aka Ed Kowalczyk dann auch noch seine abgeflachte Peace-Poesie in untragbaren Höhen vorträgt ("Mystery"), die unvermeidbare wie ausgelutschte "der arme amerikanische Soldat in dem bösen fremden Land"-Thematik bei "Home" in ein stinklangweiliges Songformat transferiert oder in der Gospel-Anbiederung "Love Shines (A Song For My Daughters About God)" den absoluten lyrischen Tiefpunkt erreicht, ist dann aber mal wirklich Schluss: Bitte, Live, löst euch endlich auf. Die Denkmalschändung, die ihr hier Jahre nach dem Zenit eures Schaffens noch immer betreibt, wird euch später (hoffentlich!) einmal peinlich sein. Euer neues Album ist schlecht - und das mittlerweile sogar, ohne dass man die Vergangenheit mit drei wirklich tollen Alben bei dieser Einschätzung mit in Betracht zieht. "Songs From Black Mountain" ist für sich genommen einfach nur noch nichtig, zu unwichtig sogar, um wirklich ärgerlich zu sein.

Irgendwann kam mir dann doch noch folgender Gedanke: Was, wenn Ed Kowalczyk die Musik mittlerweile nur noch als bloßes Vehikel für seine Weltverbesserungsmaßnahmen benutzt, als Medium für seine missionarischen Tätigkeiten als spiritueller Hohepriester der weltfremden Hippies? Was, wenn das ausgegebene Ziel darin besteht, möglichst viele Menschen mit möglichst harmloser Musik zu erreichen, um die (natürlich noch harmlosere) Message von Love, Peace and Harmony möglichst flächendeckend zu verbreiten? Aber das mag nur ein Euphemismus sein, ein unbefriedigender zudem. Denn um es tatsächlich zu rechtfertigen, im Vorprogramm der Stadion-Tour von Bon Jovi zu spielen, müsste schon der komplette Weltfrieden auf dem Spiel stehen.

Mein vor dem Verfassen dieses Reviews ausgegebenes Ziel, möglichst wenig zu dieser Platte zu schreiben und so den Gehalt dieser Platte mit dem Ausmaß der dazugehörigen Kritik gleichzusetzen, habe ich verfehlt. So ist das halt, wenn man sich aufregt.

Wertung:


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