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+---Thema: Highfield Festival 2010 Eröffnet von Christian


Beitrag von: Christian an 27. 08 2010, 12:50

HIGHFIELD FESTIVAL 2010

Datum: 20. - 22. August 2010
Ort/Club: Großpösna, Störmthaler See (bei Leipzig)
Preis: 120,- € (Kombi-Ticket inkl. Müllpfand)
Besucher: ca. 22.000

Man hätte den Organisatoren des Highfield Festivals für die Premiere am Störmthaler See bei Leipzig wirklich einen angenehmeren Start wünschen können. Unablässlicher Regen in den Wochen vor dem Auftakt hatte nämlich das auf einer idyllischen Halbinsel gelegene Festivalgelände in ein Sumpfgebiet solcher Ausmaße verwandelt, dass die Veranstaltung noch am Vorabend kurz vor der Absage stand. Nur dank des gewaltigen Engagements der Organisatoren und vieler freiwilliger Helfer gelang es doch noch das Gelände kurzfristig abzutrocknen und mit 1000 Tonnen Schotter, 8000 Quadratmeter Aluplatten und 5000 Quadratmeter Gummiböden begeh-, bezelt- und bespielbar zu machen. Bei einer Fläche von über 100 Hektar wahrlich eine Meisterleistung, die sich für die Macher am Ende des Wochenendes jedoch in einem gewaltigen finanziellen Minus niederschlug.

Der letzten Pfützen erbarmte sich aber die Sonne, die pünktlich ab Freitagvormittag am Himmel stand und die Temperaturen auf über 30°C steigen ließ. Dies und die Tatsache, dass das Festival überhaupt stattfinden konnte, ließen durchaus verschmerzen, dass auf dem weitläufigen Campinggelände immer noch ein paar tiefe Pfützen standen und vielleicht auch ein paar mehr Dixis, sowie ein weiteres Duschzelt schön gewesen wären. Alles egal, denn für das Wetter konnte niemand etwas und mit kleinen Anfängerfehlern nach dem Umzug von Hohenfelden nach Großpösna war zu rechnen. Dem perfekten Einstieg ins Wochenende stand jedenfalls nichts mehr im Wege. Auf geht’s.

Es gibt keinen besseren Song zum Betreten eines Festivalgeländes, als Mr. Clean von Millencolin. Zumindest an diesem Abend nicht. Leider läuteten die Schweden mit der Nummer gerade das Ende ihres Sets ein, sodass wir nur noch zwei oder drei Songs mitbekamen. Trotzdem schön die Band mal wieder, wenn auch zu kurz, auf der Bühne gesehen zu haben.

Die alten Helden machten dann direkt Platz für eine der angesagtesten Bands dieser Tage. The Gaslight Anthem aus New Jersey betraten im wunderschönen Licht der Abendsonne die mit St. Pauli-Flagge und Hall & Oates-Vinyl geschmückte Bühne. Egal ob man ihren kometenhaften Aufstieg nun schon seit Beginn mitverfolgt oder die Songs gerade eben erst im Radio kennengelernt hat - man muss diese Jungs einfach lieben. Gut gelaunt spielten sie sich durch alle drei Platten und zauberten spätestens bei der Hymne The '59 Sound auch den ganz hinten Stehenden noch ein Lächeln aufs Gesicht. We came to dance. Oh ja.

We came to party dürften sich WIZO als Motto für ihre Reunion-Tour gedacht haben. Nach fünf Jahren Pause lockte wohl mal wieder das liebe Geld die früher einzige deutsche Fat Wreck-Band zurück auf die Bühne und was die Sindelfinger dort boten dürfte so einigen alten Punks vermutlich den Iro einknicken lassen. Der breiten Festivalmasse schien es jedoch überaus zu gefallen. Neben immer noch tollen Hits wie Hey Thomas, Kopfschuss oder Quadrat Im Kreis bot Sänger Axel nämlich eine Rockshow Green Day'scher Ausmaße. Da reihten sich die “Ohohos“ an die “Heyheys“, dass einem Angst und Bange werden konnte. Bei Raum Der Zeit und Kein Gerede haben wir dann trotzdem alle mitgesungen. Man gönnt es ihnen ja auch irgendwie.

Auch bei Wir Sind Helden sprang der Funke zum Publikum sofort über, eröffneten die Berliner ihr Konzert doch mit der Studentenhymne Denkmal. Allerdings ließ sich im Laufe der nächsten Stunde dann schön ablesen, wie die weitere Karriere der Band seither verlaufen ist. Abflachend nämlich und von den Hits der ersten Platte lebend. Auch die neuen Songs ließen für das kommende Album eher Belangloses vermuten. Da nützten auch kreiselnde Ikea-Lampen auf der Bühne nichts.

Und dann das gleiche Spiel nochmal bei Billy Talent. Große Hits des ersten Albums als Anheizer und den Rest übernahm dann das die Band bedingungslos abfeiernde Publikum. Da lässt man sich auch vom Mickey Maus-Gesang des Sängers nicht abschrecken, wobei zu vermuten ist, dass weite Teile des Publikums die dazugehörige Zeitschrift immer noch von den Eltern bezahlt bekommt. Im Discozelt, das dieses Mal übrigens auf dem Festivalgelände stand und nebenbei auch die zweite Bühne darstellte, tanzte man danach mit besagten Kids zum Indiemix des Rüsselsheimer Phono Pop-Teams bevor es in der lauen Augustnacht zurück auf den Campingplatz ging.

Der Samstag begann für uns früh und es war erstaunlich, wieviele Leute Jupiter Jones bereits um 13:20 Uhr vor die zweite Bühne ziehen konnten. Bei der bandinternen Slapbet hatte der Mutigste mit 150 Besuchern gerechnet. Die Ohrfeigen für Sascha und Becks gab es dann gleich auf der Bühne, bejubelt vom ungefähr zehnfachen der erwarteten Leute. Die hatten vorher ein tolles Konzert erleben dürfen und man kann sich ziemlich sicher sein, dass es mit dem gerade eingefädelten Columbia/Sony-Deal für die sympathischen Jungs noch um einiges weiter nach oben gehen dürfte.

Ganz schön weit oben sind definitv Comeback Kid, zumindest wenn man die Anzahl der bei Wake The Dead in die Höhe gereckten Fäuste betrachtet. Unglaublich, wie die Kanadier mittlerweile auch auf Festivals abgefeiert werden, in die sie musikalisch nicht unbedingt hineinpassen. Doch die Hardcore-Hymnen der letzten beiden Platten und des soeben erschienenen Symptomes + Cures brachten das Zelt wahrlich zum Kochen. Waren es an diesem Nachmittag schon draußen über 30°C, so konnte man die Temperaturen drinnen mit denen einer Sauna vergleichen.

Auch bei Thrice etwas später am Abend hatte es sich noch nicht wirklich abgekühlt und der Schweiß lief aus allen Poren. Wie immer wurde die Band ihrem Ruf als absolute Perfektionisten gerecht, teilweise hatte man sogar den Playbackgedanken im Kopf, der natürlich Blödsinn ist. Aber wie kann man eine solch komplizierte Band, so hervorragend abmischen. Wow. Der Schwerpunkt lag auf dem aktuellen Album Beggars, doch immer wieder wurden auch Songs von The Artist In The Ambulance und Vheissu eingestreut. Ein Highlight des Festivals. Der Rest war Sprachlosigkeit.

Von Biffy Clyro bekamen wir leider nicht allzuviel mit und während auf der Hauptbühne tatsächlich Unheilig ihr Unwesen trieben, erkundeten wir das eigentlich doch recht weitläufige Festivalgelände mal etwas genauer. Aufgrund des aufgeweichten Bodens zum See hin, hatte man die Zeltbühne nämlich in unmittelbarer Nähe der Hauptbühne platzieren müssen, worüber wir uns anfangs noch gewundert hatten. Bei dem Rundgang wurde jedoch klar, dass nach hinten raus noch sehr viel Platz war, der nach den vergangenen Regenwochen zwar einem Moor glich, dank dem man aber im nächsten Jahr mit einer gewaltigen Entzerrung des Geländes rechnen darf. Das war nämlich weiter vorne wirklich ziemlich dicht mit Ständen etc. zugebebaut.

So wurde es dann bei Placebo auch äußerst eng, denn natürlich zog die Band um Brian Molko die wohl größte Menge des Wochenendes vor die Hauptbühne. Und hey, auf welcher Tour haben Placebo das letzte Mal ihre Show mit Nancy Boy eröffnet? Was für ein Auftakt und was für ein Konzert. Auch wenn die Songs des aktuellen Albums Battle For The Sun noch nicht so geläufig waren, wurde man mit alten Nummern wie Soulmates, The Bitter End oder Every You, Every Me entschädigt. Ich hatte die Band zuletzt vor sieben Jahren gesehen und als dann in der Zugabe Taste In Men ertönte, war ich wieder vollends begeistert. Tolle Band, tolle Songs, tolle Show und einer der charismatischsten Sänger on earth.

Der Sonntag war wohl der ausschlaggebende Punkt gewesen, sich in diesem Jahr für das Highfield entscheiden und nicht beispielsweise zum Area4 zu fahren. Die Vorstellung mit NOFX, Blink-182 und Mad Caddies gleich drei der absoluten Alltime-Favorites an einem Tag zu sehen, hatte uns schon seit der Ankündigung im letzten Dezember gereizt. Dafür nimmt man dann sogar sächsische Dialekte in Kauf. Also Bier in die Hand und vor die Bühne, wo die Mad Caddies aus Santa Barbara den Anfang machten. Ihre Wandlung von der Skapunk- zur Reggaeband hat der Band kaum geschadet. Und an diesem sonnigen Nachmittag hätte man sich eh kaum etwas passenderes vorstellen können, als die beschwingten Nummern von Keep It Going, welches mittlerweile auch schon drei Jahre auf dem Buckel hat. Garniert wurde das Set mit ein paar älteren Songs, wie Mary Melody, Road Rash oder Leavin' und die Leute tanzten. Mad Caddies bleiben sowieso nachwievor Mad Caddies, trinken auf der Bühne Unmengen Bier und lassen sich von ihrem Labelchef Fat Mike vom Bühnenrand aus feiern. Was gibt es außerdem schöneres als eine Band, bei der der Soundmann am Mischpult steht und jeden einzelnen Song mitsingt?

Der angesprochene Fat Mike betrat dann zwei Stunden später in anderer Funktion höchstselbst die Bühne. Als Sänger von NOFX verkündete er heute erst “half of an ecstasy pill“ genommen zu haben, dafür aber mehr Wodka trinken zu wollen. In der nächsten Stunde gab es jede Menge Witze auf Kosten der Ossis (“you don't even have an own country“), die das aber gar nicht witzig fanden oder einfach nicht verstanden, wofür sie von Fat Mike nur noch mehr ausgelacht wurden. Zwischendurch natürlich die Hits wie Linoleum, Perfect Government, I'm Telling Tim, Leave It Alone oder Creeping Out Sara, doch man kann sich mal wieder fragen, ob nicht bei ein bisschen weniger Gelaber vielleicht auch noch Festival-Klassiker wie Don't Call Me White oder The Brews hätten gespielt werden können. Aber das ist bei NOFX immer zwiespältig, denn auf das Entertainment von Mike, Hefe und Melvin will ja eigentlich auch niemand verzichten. Im Hintergrund standen wie immer bei NOFX-Shows sämtliche andere Bands und Mitarbeiter am Bühnenrand und verfolgten amüsiert das Geschehen. Als Mike dann plötzlich Tom Delonge dort erblickte gab es kein Halten mehr, er rannte nach hinten um den Blink-Sänger zu umarmen und musste schließlich von Crew-Member Jay wieder auf die Bühne zurückgezerrt werden. Was soll man dazu sagen? Wie immer großartig.

Der einzige Wermutstropfen war, dass NOFX mit ihren unzähligen Beleidigungen anscheinend auch den Wettergott erzürnt hatten. Der sorgte nämlich dafür, dass sich über dem See ein gewaltiges Unwetter entlud, welches zahlreiche Pavillons auf dem Campingplatz durch die Luft fliegen ließ, die seitliche Bühnenbefestigung abriss und bei “some stupid german band like Fats Brod“ (Zitat von Fat Mike) zu einer Unterbrechung des Konzerts führte.

Pünktlich zu Blink-182 ließ der Regen jedoch nach und als die drei Jungs aus San Diego ihr Set mit Dumpweed eröffneten gab es kein Halten mehr. Zwar rutschte Tom schon während des Openers auf der nassen Bühne aus und war danach sichtlich verstimmt, doch dem Publikum war alles egal. Nach sechs Jahren Abstinenz wurde hier endlich die erhoffte große Poppunk-Party gefeiert und für viele der Jüngeren dürfte sich ein Traum erfüllt haben. Auch wenn Tom teilweise scheußlich sang und dafür von Mark mehrfach während des Sets angeraunzt wurde - Toms Antwort: “Your dad's gay“ - wollte sich niemand die Hymnen wie First Date, I Miss You oder All The Small Things verderben lassen. Dass es gerade zum Ende des Konzerts auf der Bühne erhebliche Verstimmungen gab, ließ sich auch daran ablesen, dass Travis Barker am Ende auf sein spektakuläres Kopfüber-Drumsolo verzichtete. Das Equipment stand auf der Bühne und Zeit wäre auch noch gewesen. Aber Schwamm drüber, zwei Abende später sollen sie schon wieder ganz die alten gewesen sein. Kann uns sowieso egal sein, denn wir haben Blink-182 im Jahr 2010 noch mal live gesehen. Am Ende des Sets erschien sogar - na, wer wohl? - Fat Mike noch auf der Bühne, um seinen Kumpel Mark Hoppus nach unten zu geleiten.  Es war großartig und wir haben es gewaltig abgefeiert. What's my age again?

Beitrag von: makes_sense an 28. 08 2010, 14:58

Yeah! Gibts nix hinzuzufügen :)
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