Misery Index hauen mit "Retaliate" in eine ganz ähnliche Kerbe, wie es Dying Fetus mit ihrem ebenfalls dieses Jahr erschienenen Album "Stop At Nothing" taten. Das ist beim genauen Hinsehen auch kaum überraschend, ist Misery Index doch die neue Band von einigen ex-Dying-Fetus-Mitgliedern. Offenbar trennte man sich von der alten Band jedoch nicht wegen der oft zitierten "musikalischen Differenzen" und ist mit der altbewährten Mischung aus Death Metal und Grindcore sehr zufrieden. Im Gegensatz zu ihrer alten Band entfernen sich die Herren von Misery Index sogar noch ein wenig mehr vom Death Metal. Man findet auf "Retaliate" nur wenige technische Spielereien, Soli und "hübsche" Melodien sind sowieso Mangelware. Stattdessen herrscht direkte, unkomplizierte Aggression, die sich in simplen, aber effektiven Riffs, vielen, vielen Blastbeats und hier und da mal einem Breakdown äußert. Ab und zu, wie z.B. gegen Ende des Titeltracks schleicht sich dann doch noch ein wenig Melodie hinter das Hochgeschwindigkeitsgebolze, was dem Gesamtbild nur gut tut. Textlich lassen Misery Index ihre Ex-Kollegen sogar hinter sich. Es geht zwar auch hier, ganz grob gesagt, um Sozialkritik, allerdings verfällt man nur an wenigen Stellen in den anklagenden "Tu tust dies und das"-Ton und bietet stattdessen eher Beobachtungen, Introspektiven und Fragen, oft sogar in regelrecht poetischen und immer persönlichen Worten. Ich persönlich finde diese Herangehensweise effektiver als das ewige Zeigefingerzeigen. Umgesetzt werden diese Texte sehr gut, wenn auch relativ unverständlich, mit "flexiblen" Shouts und vereinzelten Growls. Für Abwechslung ist also gesorgt. Zu beklagen wäre nur, dass auch die Musik etwas abwechslungsreicher sein könnte. Vielleicht spricht da aus mir auch einfach nur der von Metal verdorbene Hörer, aber letztendlich habe ich das Gefühl, dass die Spielzeit für die Grindcore-Seite der Musik zu lang, und für die Death-Metal-Seite zu kurz ist. So wie es ist stellen sich irgendwann, bei aller Qualität der Musik, Konzentrationsschwierigkeiten ein.
Fazit: Eine lohnende Bereicherung des Grindcore/Death-Metal-Genres.