Irgendwie scheint es ja immer noch für genug Erstaunen bei den Menschen zu sorgen, wenn Mädchen Rockmusik machen, dass es einem irgendwie immer noch unter den Nägeln brennt, diesen Fakt als etwas besonderes hinzustellen. Wenn es dann auch noch Schwestern sind, verstärkt sich das Ganze noch (der Cocorosie-Effekt?). Das Debütalbum der Jolly Goods, die dann auch nicht mal aus einer feministischen Metropole Deutschlands kommen, sondern aus einem verschlafenen Kleinstädtchen in Bayern, wo zumindest dem Klischee nach noch alte Geschlechtsrollen einzunehmen sind, ist aber nicht (nur) deswegen gut, sondern auch so, für sich alleine genommen. Die Verbindung zu feministischen Themen wird so zwar oft angedeutet, ist aber (Gottseidank) nicht so radikal, dass man sie jetzt unter die Riot Grrrls packen würde, sondern eher dahin, wo man Mitte der Neunziger Jahre Hole verortet hat und heutzutage die Dresden Dolls ansiedeln würde. Beide Bands kann man auch durchaus als Vorbilder heraushören, die ersteren öfter, offensichtlich beim einprägsamen Song Ghost, die letzteren für jeden hörbar beim schönen, programmatisch Piano genannten Track. Davor, danach und dazwischen ist es oft rotziger, punkig-dröhnender und, was man auch sagen muss, gewöhnlicher. Mir gefallen die Indierock-Passagen jedenfalls besser als die Garagenrock-Stellen, weil sie bei denen eben prätentiös klingen wie Mädchen, die jetzt Rockmusik machen wollen (sic!). Die Indie-Stellen laufen zwischen den Zeilen ab und sind deswegen langhaltender umwerfend Her.Barium ist deswegen ein recht unhomogenes, etwas schwer zu fassendes Album geworden, was einen nicht beim ersten Mal hören umwerfen kann, wohl aber aus irgendwelchen Gründen immer wieder verleitet, es sich noch einmal zu Gemüte zu führen. Und noch mal. Und noch mal. Genau wie eine schöne Frau. Ach, ich armer Rock-Chauvinist...
-------------- The artist formerly known as Ulrich.