Unser blauer Planet und seine Wunder: Indisches Headbangen
Livereview von Arne P. Klug
“This is planet Earth, a small planet somewhere in the universe” verkündet eine freundliche Männerstimme um exakt 22.20 Uhr aus den meterhohen Boxen am Bühnenrand. Und das ist der Prime Club, ein kleiner Vergnügungsschuppen irgendwo im großen, weiten Köln. Und der Prime Club ist heute ausgesprochen voll. Beachtlich voll für eine Band, die zwar als Insidertipp gilt, aber deren Erfolg doch noch als eher ausbaufähig zu bezeichnen ist. Das britische Trio Amplifier gab sich am Abend eines sonnigen Spätoktobertages die Ehre und eröffnete seine Deutschland-Tour mit einem Konzert im Herzen Kölns.
Mit im Gepäck hatten die Drei von der Insel ihr neues Album „Insider“. Mit dessen instrumentalem Opener „Gustav´s Arrival“ legten Amplifier nach der soliden und kraftvollen Leistung der beiden Vorbands Elikan Dew und Grand Volume sowie dem spacigen Intro einen fulminanten Start hin. Aber nicht ohne vorher die Besucher des Planeten Prime Club in den ersten Reihen persönlich per Handschlag begrüßt zu haben. Diese freuten sich ob solcher Fannähe und wurden mit einem energischen O Fortuna belohnt. Was folgte war eine Demonstration, was eine Drei-Mann-Band an Dynamik und Kraft live umzusetzen vermag. Die Mischung aus dem Reigen harter und äußerst fetter Riffs, melodisch-druckvoller Bässe und vor allem ungeheuerlich forwärtstreibender Trommeln konnte man sich nur schwer entziehen.
Anfangs hatte Sänger und Gitarrist Sel Balamir zwar mit einigen kleineren klangtechnischen Ungereimtheiten zu kämpfen, aber spätestens mit „Panzer“ vom Debütalbum waren diese behoben. Erstaunlicherweise verzichteten Amplifier auf viele Songs vom neuen Album und gaben dem alten Material auf der Bühne den Vorzug. Besonders „Motorhead“ und „Neon“ brachten die Reihen in Stimmung. Songs wie „Mongrel´s Anthem“ oder der Titeltrack des neuen Albums stachen – positiv gesehen - nicht merklich unter dem älteren Material hervor. Insgesamt fand das Liedgut vom Debütalbum deutlich mehr Fanzuspruch. Von den neuen Tracks wurde hingegen vor allem das euphorisch-rockende „Strange Seas Of Thought“ abgefeiert. Das groovige „Hynm Of The Aten“ hätte jedoch gebührender gewürdigt werden sollen.
Nicht wenige Metalheads hatten sich an dem Abend unters Publikum gemischt und gaben dabei die Marschrichtung vor: Kopf nach unten, Kopf nach oben. Die von vielen Schicksalsschlägen gebeutelte Band zeigte sich scheinbar überglücklich über die positive Fanresonanz. „This concert is certainly a very high standard” betonte der breit grinsende Sel.
Doch bisweilen hätten dem Auftritt ein paar Kontrastpunkte gut getan. Von der im vergangenen Jahr veröffentlichten EP „The Astronaut Dismantles HAL“ spielte das Trio leider keinen einzigen Track. Auf ruhigere Stücke wie „For Marcia“ oder epische Songs á la „Continuum“ oder „On/Off“ mussten die Fans leider verzichten. Dafür bekamen diese am Ende des regulären Sets, das was sie immer wieder beharrlich skandiert hatten: das epochale „Airborne“. Selbst jenes eher brav aussehende indische Mädchen in der zweiten Reihe konnte sich dem finalen Sog des Schlusstracks nicht entziehen. Als wäre Sel Balamir Ganesh oder Shiva höchstpersönlich drückte sie ihr Verzückung mit mantramäßigen, exstatischen Verbeugungsbewegungen aus. Eine interessante Variante des Headbangens.
Doch so schnell konnten sich Amplifier vom Prime Club-Planeten dann nicht aus dem Staub machen. Als Zugabe ließen sie schließlich zehn Minuten lang „UFOs“ auf unserem blauen Erdball landen und – als die Primeclubber immer noch nicht genug hatten – bezwangen die drei Briten auch noch das Riffmonster „Glory Electricity“. „This is the fxxxxxx last song. If not, everyone will get insane”, hatte Sel Balamir warnend zuvor den Fans ans Herz gelegt. Diese mussten es wohl oder übel akzeptierten und wurden, ehe das Trio im Dunkeln der Bühne verschwand, für ihr Verständnis mit eifrigen Händedrücken belohnt. Kein schlechter Auftakt für eine Herbsttour, ihr Verstärker!
Setlist:
Gustav´s Arrival O Fortuna The Consultancy Panzer Mongrel´s Anthem Insider Strange Seas Of Thought Motorhead Neon Hymn Of The Aten Airborne
Zugabe 1: UFOs
Zugabe 2: Glory Electricity
-------------- this is a film that has no end fiction fights feelings absent as absurd as it sounds there´s more truth than you pretend