Biffy Clyro, der Schritt zum Major und das passende massenkompatible Album. Auf diesem bleibt das Trio trotz Hits am laufenden Band deutlich unter seinen Möglichkeiten.
Um eins vorwegzunehmen: Biffy Clyro den Ausverkauf zu unterstellen, wäre ziemlich selbstgerecht. Drei herausragende Alben haben die ursympathischen Schotten auf Indie-Basis bisher veröffentlicht und sich dabei einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil angeeignet. Nun erfolgt also mit dem vierten Werk der verdiente Wechsel zum Major. Die Vorzeichen stehen auf Erfolg, die Saat der jahrelangen Basisarbeit soll nun geerntet werden – kein Ding.
Das Problem ist nur, dass „Puzzle“ in der Tat viele Klischees erfüllt, die man gemeinhin mit einem Wechsel zu einer großen Plattenfirma in Verbindung bringt. Biffy Clyro haben deutlich abgespeckt, Ecken und Kanten abgeschliffen und kommen somit leicht und konventionell daher wie nie zuvor. Eine Ironie, dem Schritt zu mehr Simplizität die Überschrift „Puzzle“ zu verpassen.
Beachten sollte man jedoch, dass diverse Ereignisse im Vorfeld die Entwicklung von „Puzzle“ entscheidend beeinflussten. Da wäre einerseits die Trauer von Frontmann Simon Neil über den frühen, krankheitsbedingten Tod seiner Mutter, die sich nicht nur in berührenden, teils ungewohnt simplen, dann wieder unangenehm flachen Textbildern niederschlägt, sondern auch in der musikalischen Verarbeitung in Richtung Emo tendiert. Andererseits wäre da noch das Engagement des Starproduzenten GGGarth Richardson (u.a. Rage Against The Machine, Red Hot Chili Peppers, Nickelback), der dem Album mit einem äußerst fetten, sehr amerikanischen Sound seinen Stempel aufdrückt. Das klingt geschliffen und dick, lässt aber den unperfekten Charme früherer Tage gänzlich vermissen. Der entscheidende Faktor dafür jedoch, dass „Puzzle“ schlicht anders klingt als alles, was Biffy Clyro früher angepackt haben, ist jedoch nicht von äußeren Einflüssen forciert, sondern von der Band selbst. So lautete die Maxime für „Puzzle“ offensichtlich: Simpler, frontaler, direkter werden. Ballast abstreifen. Entschlacken. Keine Seitenschlenker mehr, volle Kraft voraus.
Was ein Fehler ist, denn gerade die dissonanten Ecken und Kanten, die unangestrengten Postcore-Anleihen, die schrammeligen Zwischentöne, die überraschenden Wendungen und Breaks und das meisterhafte Spiel mit der Laut/Leise-Dynamik zeichneten Biffy Clyro sonst immer aus. Die ungeheure Dynamik, die geniale Unberechenbarkeit, der aberwitzige Irrsinn, die mehrstimmigen Gesänge und selbst der markante Gitarrensound – all das geht „Puzzle“ über weite Strecken ab. Auf die liebgewonnenen vertrackten Frickeleien wartet man vergeblich.
Sicher, der operettenhafte, pompös orchestrierte Opener „Living Is A Problem Because Everything Dies“ kombiniert neues Budget mit cleverem Songwriting der alten Schule, bleibt aber die seltene Ausnahme. Ansonsten klangen Biffy Clyro noch nie so sehr nach dem eingängigen, kompakten Rock der Foo Fighters („Semi-Mental“, „Saturday Superhouse“) oder den schönen, offen kitschigen Balladen Jimmy Eat Worlds („As Dust Dances“, „Folding Stars“). Was per se absolut kein Vorwurf sein soll - bisher klangen Biffy Clyro allerdings vorwiegend nach sich selbst.
So hat die Band allerdings leider – freiwillig - ein großes Maß an Eigenständigkeit eingebüßt. Eine schlechte Platte ist „Puzzle“ zwar beileibe nicht, aber beim Rezensenten überwiegt letztlich die Enttäuschung. Den Erfolg haben sich Biffy Clyro ohne jeden Zweifel längst verdient. Schade nur, dass er wohl ausgerechnet mit dem bisher schwächsten Album eingefahren wird.
Wertung:
-------------- this is a film that has no end fiction fights feelings absent as absurd as it sounds there´s more truth than you pretend