Keine Atempause: Exits To Freeways sind weiterhin nicht zu bremsen. Explosiver Hochgeschwindigkeitscore auf der Überholspur, der auch in voller Länge alle Versprechungen hält.
Völlig aus dem Nichts tauchte das durchschlagskräftige Trio, das sich individuell hinter den abstrusen Pseudonymen Dr. Oktimus Pryme (Schlagzeug), Senior Operator Beaverchuck (Bass) und General Woundsworth (Gitarre, Gesang) verbirgt und gemeinsam voll ausgeschrieben unter dem einprägsamen Kürzel Exits To Freeways [Spread Like The Veins On The Back Of My Hand] firmiert, im März des letzten Jahres auf, um umso nachhaltiger zu beeindrucken – mit einem stilübergreifenden, bequemem Schubladendenken den Riegel vorschiebenden Mix aus Postcore, Noise, Indie und Popmelodien. Mit fünf kompakten, direkt am Ohr detonierenden Songgranaten und einer technischen wie emotionalen Wucht, von der man schier erschlagen wird. Gar nicht schlecht für ein Demo ohne großen Vertrieb. Doch vorneweg: Die Messlatte, die sich das Hamburger Dreigespann mit seinem letztjährigen Einstand gesetzt hat, wird auch auf dem ersten vollwertigen Album mit Leichtigkeit genommen. Was zugegebenermaßen auch daran liegen dürfte, dass sich alle Songs der EP auch auf dem Album wiederfinden. Was seinerseits wiederum erklärt, warum EP und Album den gleichen Titel tragen. Sauer aufstoßen muss einem beides nicht, verdienen es diese Songs doch ohne Frage, nochmals Gehör zu finden.
Die acht neuen Stücke fetzen in ähnlich mitreißender Manier, wenn auch tendenziell ein wenig geradliniger und melodischer - sofern man das bei dieser Band überhaupt sagen darf, ohne zumindest innerlich zu grinsen. Denn ob neu oder alt: "Spilling Drinks. Spelling Names" ist ein furioses Gewitter aus ruppig scheppernden, mächtigen Brecher-Riffs, die Arsch treten, dass es eine helle Freude ist und ausschließlich durch punktgenau getimte Breaks aufgehalten werden. Getrieben von einem Wahnsinnsdrummer, steht die Band scheinbar permanent unter Starkstrom und drängt in mitunter halsbrecherischem Tempo in die Offensive. Das mag zunächst arg hektisch und chaotisch wirken, doch trotz so manch wilder Breakstafette bleiben Exits To Freeways stets erstaunlich zugänglich, geschickt eingeflochtener Melodiefetzen sei Dank. Denn so irrwitzig und krachlüstern es hier bisweilen auch zugehen mag - Melodien gibt es auf "Spilling Drinks. Spelling Names" so einige zu entdecken. Auch den Beweis, dass es anders geht als ständig nur pfeilschnell und rasant, bleibt die Band nicht schuldig und schüttelt zum Schluss mit "H-Smile" tatsächlich noch ein ausschweifendes, die Breite suchendes Epos aus dem Ärmel, das die Laut/Leise-Dynamik bis aufs Letzte ausreizt und schließlich in einem gigantischen Noise-Inferno in Flammen aufgeht.
Zur instrumentalen Wucht gesellt sich das allgegenwärtige Gefühl, das hier tatsächlich jemand etwas zu sagen hat. Exits To Freeways sind getriebene Geister, ihre Texte eloquentes Sloganeering gegen Szeneklüngel und Schubladendenken, vorgetragen als markanter, atemloser Sprechgesang. In ihrer Konsequenz stehen Exits To Freeways damit deutschlandweit vielleicht nicht ganz allein auf weiter Flur, verdienen sich aber doch zumindest das Prädikat eigenwillig und –ständig. Wertvoll ohnehin. Ein Debüt, so intensiv und begeisternd wie sonst nur weniges in diesem Musikjahr.
Wertung:
-------------- this is a film that has no end fiction fights feelings absent as absurd as it sounds there´s more truth than you pretend