Viele Seelen wohnen, ach, in meiner Brust. Komplexes, abwechslungsreiches Album auf dem Grenzgebiet zwischen E- und U-Musik. Wild und geistig, und genau daher stammt auch der eigenwillige Name des Kollektivs. „Ich stand einen Augenblick schnuppernd, roch and der blutigen grellen Musik, witterte böse und lüstern die Atmosphäre dieser Säle. Die eine Hälfte dieser Musik, die lyrische, war schmalzig, überzuckert und troff von Sentimentalität, die andere Hälfte war wild, launisch und kraftvoll, und doch gingen beide Hälften naiv und friedlich zusammen und gaben ein Ganzes. Untergangsmusik war es, im Rom der letzten Kaiser musste es ähnliche Musik gegeben haben.“ So heißt es in Hermann Hesses Steppenwolf kur bevor der geheime Nachtclub Die Anarchistische Abendunterhaltung eingeführt wird. Wie es beim Steppenwolf um den Kampf zwischen der geistigen und der wilden, animalischen Seite im Menschen geht so kämpfen bei Domestic Wildlife die fröhlichen, melodischen, optimistischen Parts gegen die vertrackten, dissonanten, leise sich bedrohlich aufbauenden. Mal erinnert es mehr an Free-Jazz und elegischen Postrock, dann kommen die Bläser ins Spiel und die Streicher und das Akkordeon und die Erkenntnis, dass es DAAA es einem nicht leicht macht. Nicht mit einem jeden Einkategorieversuch und nicht mit dem Verständnis. Es gibt eben nicht nur Schwarz und Weiß, das wissen wir von Hesse, und nicht nur Bands die klingen wie andere, das lernen wir einmal mehr von dieser. Oft klingen die Kompositionen cineastisch, wie ein Soundtrack zu einem Film des Lebens, mit ihren spielerischen, triebhaften Teilen die genauso viel vom Tied & Trickled Trio wie von Yann Tiersen wie von Tangogenius Astor Piazolla oder, in den krassen Momenten, Fanfare Ciocarlia zu haben scheinen. Auf gesamte Spielzeit wirkt DAAA hin und wieder schleppend, gar langweilig, doch nur dann, wenn man glaubt man könnte Domestic Wildlife zur Hintergrundsmusik missbrauchen. Diese Musik braucht Zeit, Ruhe, Geist und Gefühl. Dann, und nur dann, gehen beide Hälften des Klangkosmos „naiv und friedlich zusammen“ und geben „ein Ganzes“.
-------------- The artist formerly known as Ulrich.