Ein wenig möchte man meinen, dass das hier wieder so ein typischer Fall von "So schnell kann's gehen" ist. Die Anfang Juni auf Tenstaag erschienene Erstausgabe von Adieu Swet Bahnhof ist ausverkauft, Jungen Mädchen entwickelte sich zum Indiedisco-Burner, Motor ist am Start und nimmt die drei jungen Berliner unter Vertrag, heyhey, vor einem Jahr waren Hund Am Strand in Berlin eine Art Insider-Tip und jetzt das. Respekt. Doch weg von den Formalia und die Info am besten gleich in die Ecke werfen, wie Motor sich selbst abfeiert muss man ja nicht unbedingt lesen. Ein wenig ungestüm drängt die Platte voran, gestützt von Bass und Schlagzeug, die einfach, aber treibend agieren. Dazu Fabian Schwingers Gitarre und seine wirklich charmante, angenehm unprätentiöse und manchmal raue Stimme mit dem leichten norddeutschen Einschlag. 4 Akkorde ist ein netter Beginn, es geht um das, worum es halt geht: die Musik. Vier Akkorde. Vom einfachen Gestus her ist Punk hier nicht so weit weg. Die Instrumentierung ist nicht überausgefeilt, aber treffend und sympathisch. Desöfteren nur wünscht man sich, dass es irgendwie mehr krachen würde. 47 11 erscheint in manchen Momenten fast hymnenhaft, um dann an oben erwähnten Indiehit zu übergeben. Jungen Mädchen hat seinen T-Shirt(sic!)-Slogan im Refrain und liefert einem das Kopfnicken quasi kostenlos mit. Auch Neues Lied ist hübsch mit mitunter fast ein wenig absurdem Text und schicker Gitarrenmelodie. Für mich zweifelsohne der größere Hit. Vor sechs, sieben Jahren wurden ja alle deutschsprachigen Indie-Bands (zu Recht oder Unrecht) mit Tocotronic verglichen und hier frage ich mich, ob es mehr der Dialekt in der Stimme oder die Up-Tempo-Stimmung der Lieder ist, die an frühere Tomte und Samba denken lassen. Schönes Beispiel hierfür ist Zeit zu trauern, das aber auch als absoluten Pluspunkt eine großartige Glockenspielmelodie am Ende hat. Nach diesem, dem fünften Lied, fällt die Platte aber irgendwie ab, vielleicht bleibt auch einfach nicht genügend hängen und reißt die Aufmerksamkeit an sich. Klar, Frühling ist ein schönes Lied, doch weder In der Mitte noch Eine Sache fangen mich ein, Erklär mir die Welt und G auch nicht vollständig, trotz teilweise vorhandener sehr schöner Anklänge an Mittneunziger-Indierock der Art Notwists 12 oder Blumfeld. Was bleibt sind charmante Schrammligkeit und Texte, die munter, manchmal aktionistisch, manchmal melancholisch sind, dazu persönlich, ohne peinlich zu werden (ist ja bei deutschsprachigen Bands auch mal toll), alles in allem sechs feine Indie-Lieder, die jeder für sich allein mindestens ein kleiner Hit wären, und vier Lieder, die demgegenüber mehr oder weniger abfallen, und zusammen ein leicht zwiespältiges Bild ergeben. Ein wenig fehlt im Gesamten die Tiefe, das Bleibende, kann man zu der Platte zwar sehr gut tanzen, mit dem Fuß wippen und dem Kopf nicken, im Auto die Gegend vorbeifliegen lassen, aber es fällt alles zu leicht, man wird nicht gefordert. Und so kann man diese Platte mögen, muss es aber nicht, auch wenn sie zum Besseren gehört, was in den letzten Jahren im deutschsprachigen Indie erschienen ist. Und eben schon nett ist, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
ich wollte zuerst auch schreiben, dass es wirklich nette leute sind, aber dann hielt ich es doch nicht für so derart angebracht. und besser als virginia jetzt sind hund am strand für mich auf jeden fall.