Die Festivalsaison 2005 begann für mich schon am gestrigen Pfingstmontag: Nach einer Dreiviertelstunde Bahnfahrt unter Beschuss von The Letters Organize fand ich mich nach kurzem Fußmarsch in einem kleinen Waldstück in Essen-Werden wieder. Ringsherum grüne Natur, direkt an einem See gelegen, auf dem Gelände eines ehemaligen Strandbades, dazu noch umsonst & draußen - ideale Rahmenbedingungen für ein Festival. Der Meinung waren wohl auch die zahlreich erschienenen Besucher. Pünktlich um 16:30 und bei strahlendem Sonnenschein begannen Biffy Clyro mit ihrem Auftritt. Nicht nur äußerlich ähnelten die drei mit dickem Bart verwachsenen Schotten an die Kollegen von Aereogramme, sie schafften es genau so, furiose Intensität und Leidenschaft in ihr Set zu packen, und das, obwohl der Auftritt mit nur 40 Minuten schmerzhaft kurz ausfiel. Von den ersten Sekunden des Dance-Beats von Glitter & Trauma hatte das soundgewaltige Trio das noch nicht so zahlreiche Publikum in der Hand, fortan hangelte man sich von einem Highlight zum nächsten. Ob tanzbar wie beim Offbeat von My Recovery Injection, eingängig wie beim mit fantastischem, mehrstimmigen Gesang aus drei Kehlen veredelten Justboy oder einfach völlig abgedreht wie beim verqueren There´s No Such Thing As A Jaggy Snake - Biffy Clyro waren und sind für mich bisher eines der absoluten Konzerthighlights 2005. Ach ja, was noch mehr herauskam als auf Platte: Drummer Simon ist ein Gott und einer der entscheidenden Faktoren, der diese Band so verdammt gut macht. Bitte kommt zurück auf Clubtour! Von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt: Den vielleicht größten Zuschauerandrang bis dato sah man dann bei den Lokalheroen von Caliban. Stumpf ist eben trumpf. Die "Hardcore-Metal"-Spacken holten einen anschließend von Wolke Sieben drastisch auf den Boden der Tatsachen zurück. Zugegeben, ein großer Fan der Truppe war ich nie, aber derart peinliches Gehabe ist mir selten untergekommen. Kajalgeschminkt und im Einheitsoutfit war man rein optisch gar nicht so weit von Good Charlotte und Konsorten entfernt, auch die Ansagen dürften in etwa so gehaltvoll gewesen sein wie bei diesen. Musikalisch klang das dann durchaus fett, aber eintönig und austauschbar wie so viel momentan in diesem trendwütigen Sektor. Doch der Gipfel der Dummheit sollte erst noch folgen: Der Missbilligung der Tat eines Vollidiots, der mit voller Wucht eine Flasche ins Publikum warf, durch den Caliban-Shouter folgte dann anschließend sinnigerweise die Aufforderung zur totalen "Wall Of Death". Für Nicht-Eingeweihte: Das Publikum teilt sich hierbei in zwei Hälften auf, die auf Kommando aufeinander zulaufen und sich die Köppe einschlagen. Ganz toll und genauso ein Hirnfick wie die Dreiviertelstunde Prollo-Bollo-Core. Nach der elenden Warterei auf die zweite und letzte Band, die ich beim Pfingst Open Air sehen wollte, war es eine Wohltat, als Slut dann letzten Endes die Bühne betraten. Ob nun Grand Prix-Auftritte oder Visions-Support daran schuld ist, das Publikum war zahlreich vertreten und textsicher wie selten zuvor. Die solide Darbietung von Krachern wie Easy To Love, Universal oder Reminder folgte wie schon so oft zuvor der finale Abschluss mit dem ältesten der gespielten Songs: Cloudy Day. War wieder klasse. Die später folgenden Auftritte von Clueso und dem overhypten Moneybrother sparte ich mir dann. Fazit: 1x genial, 1x schlecht, 1x gut. Umsonst & draußen ist immergut. Nächstes Jahr sehen wir uns wieder.
-------------- this is a film that has no end fiction fights feelings absent as absurd as it sounds there´s more truth than you pretend