Ein Totenschädel auf tiefem, düsterem Schwarz. Ein bedrohliches Bild. Oder grinst er da etwa, der Gevatter? Nach dem enttäuschend unausgegorenen Without Feathers, dem Album nach dem Album Logic Will Break Your Heart bedarf es nun schon einem Neuanfang auf ganzer Linie. Mancher hat die The Stills sogar schon totgeredet. Ein Endzeitgefühl, das sich als Grundfarbe durch ihr ganzes Drittwerk zieht. Ein Endzeitgefühl als Spiegelung ihrer eigenen Status-Quo-Meldung, und auch dass der Welt als solches. Es sind zwar nicht die USA sondern die Nordamerikanischen Nachbarn die die Heimat der Band darstellt, aber trotzdem wird man auch in Montreal vieles von dem Umschwung mitbekommen haben der dort mitschwingt. Der Optimismus des grenzenlosen Everything-Goes-Kapitlismus ist so oft beschworen tot wie der dann doch stets wiederkehrende Bösewicht einer Comic-Reihe, die hässliche Globalisierung hat mittlerweile auch die nordamerikanischen Weiten erreicht. Das Gefühl es wird bald alles explodieren, die eigene Kreativität gleich obendrein. Oceans Will Rise drückt diesen düsteren Pessimismus (wenn es einer ist) mit dem Bild aus, dass die Natur sich ihre Welt schon wieder zurückholen wird. “The clouds are thunder and lightning / the ocean’s level will rise / the earth will shake / you’re windows will break / tomorrow is all mine“ heißt es etwa bei Dinosaurs. Am stärksten sind die Stills genau dann. Wenn sie am düstersten sind. Wenn sie die Musik für ihre eigene Beerdigung zu spielen scheinen. Am Anfang der Platte sind sie das ein aufs andere Mal. Snakecharming the masses ist vielleicht der dunkelste Song den die Kanadier je geschrieben haben. Ein psychedelischer, Tribalartiger Bass-Beat, dazu die ätherische, niemals greifbare und deswegen so großartige Stimme von Tim Fletcher. „Snakecharming the masses / at the end of time.“ Krieg und Zerstörung. Bei Snow In California ist es dann wieder die alte Natur, die zurückschlägt. „Like snow in California / signs from up on high / bring things back to life now / bring thing back to life”. Es ist nicht schwer hier ein göttliches Wesen hereinzulesen. Und so werden die Stills auch nach jeder Nacht wieder optimistischer. Das klingt dann manchmal nach der gezwungen fröhlichen Atmosphäre eines Kirchentag-Stadionrockkonzerts. Positivismus der an einem vorbeizieht. Zu oft gehörte Wohlfühlmusik. Andererseits: Hochzeitsmusik muss wohl auch sein. Man kennt ja den alten Satz von wegen kein Licht ohne Dunkelheit. Ihr Licht ist die Dunkelnheit. Denn besser, ja sogar verdammt stark, sind sie in diesen verzweifelten, selbstzerstörerischen, einsamen Momenten. Wenn auf einen Totenkopf von irgendwoher Licht scheint bleibt es trotzdem ein Totenkopf. Die gute Nachricht bei diesem Album ist genau das: alles wird untergehen. Und dann bauen wir den Laden wieder auf.
-------------- The artist formerly known as Ulrich.
THE STILLS – OCEANS WILL RISE
