„Wie geil ist das denn?“ – So lautet eine eigentlich ziemlich abgedroschene Phrase, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht, seitdem Kettcars Reimer Bustorff vor knapp zwei Jahren auf der Rheinkultur angesichts der enormen Menschenmassen vor der Blauen Bühne immer wieder mit eben jenem Satz seiner Begeisterung über das Konzert Ausdruck verlieh... „Wie geil ist das denn?“ sollte man eigentlich nicht zu oft sagen, da es irgendwann peinlich zu werden droht – aber „Wie geil ist das denn?“ war mein erster Gedanke, als ich Anfang Januar erfuhr, dass Tomte und die Boxhamsters zusammen in Gießen ein Konzert spielen sollten. Diese Kombination ist ja schon fast legendär, denn beide Bands sind schon seit Ewigkeiten gut befreundet und haben schon viele Konzerte zusammen gespielt. Das ganze entpuppte sich dann auch noch als eine Art Geheim-Gig, weil es (ausgenommen von der Boxhamsters- und der Jokus-Seite) nirgendwo angekündigt wurde. Außerdem gab es weder Plakate noch einen Vorverkauf. Aufgrund der vielen Email-Anfragen (der Jokus-Server brach sogar zusammen), wurde dann die Möglichkeit von Kartenresevierungen bei Co, Sänger der Boxhamsters und Veranstalter des Konzerts, eingerichtet. Am Donnerstag vor der Show ging wohl auch hier nichts mehr, denn schon anhand der Reservierungsliste war abzusehen, dass Konzert ausverkauft werden würde.
Im schon prächtig gefüllten Jokus eröffnete eine Vorband namens Colt oder so ähnlich. Mich veranlassten sie mit ihrer Rockmusik(?) mit Cowboyhut (??) jedenfalls dazu schnell noch die Jacken ans Auto zu bringen und im Foyer des Jokus einen schon bestens gelaunten Thees Uhlmann anzutreffen. Gegen 21:15 betraten dann die Boxhamsters zu ihrem Heimspiel die Bühne. Wie sie sogleich verkündeten haben sie aus Altersgründen einfach auf den Soundcheck verzichtet, schließlich seien sie ja schon über vierzig. Stimmt schon, aber leider hat man dies auch manchmal aus den Boxen gemerkt. Auch sonst muss ich sagen, dass ich die Boxhamsters irgendwie etwas besser in Erinnerung hatte. Das Set war bunt gemischt aus neuen Sachen und Uralthits, wie „Schmetterling“, „Klostein“ oder sogar „Prost Neujahr“, aber trotzdem fehlte irgendwie der letzte Funke Energie. Das ganze wirkte ein wenig zu langatmig, man könnte es fast als langweilig bezeichnen. Lediglich „III“ konnte mich wieder einmal vom Hocker reißen und stellte für mich den einzigen Höhepunkt einer meiner Meinung nach enttäuschenden Boxhamsters-Show dar. Nach über einer Stunde und einem dicken Zugabenblock verließen die Jungs die Bühne und machten Platz für „die schönen, schönen Menschen“.
Tomte aus Hamburg haben in den letzten Jahren eine unglaubliche Entwicklung durchlebt. Diese Band begleitet mich jetzt schon seit Jahren, so richtig zu Lieben gelernt habe ich sie auf dem Immergut 2002 bei einem fantastischen Auftritt und anschließendem Biertrinken. („Ich bin Thees und wer seid ihr?“) Seitdem haben sie mich nicht mehr losgelassen… Spätestens mit der Veröffentlichung von ‚Hinter All Diesen Fenstern’ vor zwei Jahren haben Tomte in der deutschen Indierock-Szene den absoluten Durchbruch geschafft und nach ausverkauften Touren 2003 und umjubelten Festivalauftritten 2004, konnten wir uns also glücklich preisen bei einer der ganz exklusiven Club-Shows in 2005 dabei zu sein, denn bis zur nächsten Platte wird es ja noch einige Zeit dauern.
Um kurz vor elf betraten Olli, Timo, Dennis und Thees die Bühne des ausverkauften Jokus und begannen ihr Set mit ‚Endlich Einmal’. Der vordere Teil des Clubs verwandelte sich sofort in eine tanzende, singende und einfach glücklich strahlende Menge. Mit ‚Wilhelm das war nichts’ gab es im Anschluss auch gleich den ersten Höhepunkt und richtiger Jubel brandete bei der „Ich erinnere mich an Konzerte…“-Passage auf. Der schon ziemlich angeheiterte Thees lieferte hinterher auch endlich mal die Erklärung und erzählte, wie er vor etlichen Jahren von Marburg nach Gießen zum SNFU-Konzert gefahren ist, sich dort beim Stagediving die Eier geprellt und sich danach mit den Boxhamsters betrunken hat. Apropos betrunken… Ich denke jeder der Tomte kennt, weiß dass Konzerte besonders schön werden, wenn Thees Uhlmann Alkohol zu sich genommen hat und anfängt lustige Anekdoten aus seinem Leben oder über andere Bands zu erzählen. Da Thees an diesem Abend sehr, sehr gut betrunken war, gab es ein wahres Sprüchefeuerwerk. Highlights waren Witze über The Mars Volta, Geschichten über Modest Mouse und am besten der Spruch über Dave Grohl: „Foo Fighters, das ist so primitiv! So’ne Platte schreib ich dir an einem Sonntagnachmittag mit `ner halben Flasche Rotwein… Solche Typen bleiben besser hinter ihrer Schießbude!“ Teilweise hatte es echten Entertainment-Charakter, aber es macht auch einfach den Charme dieses Menschen aus, den ich für einen der besten Songschreiber in Deutschland halte. Natürlich stellte er auch dies unter Beweis und Tomte spielten ein wunderbares Konzert mit ihren besten Songs. „Die Bastarde“, „Den ganzen Weg gerannt“ oder „Passt zu meinem Kalender“ zählen einfach zu den großartigsten Stücken, die jemals auf Deutsch gesungen wurden. Bei der Single „Schreit den Namen meiner Mutter“ und dem „Rick McPhail Song“ kannte die Begeisterung dann keine Grenzen mehr und für meine Begriffe wurde schon fast zu heftig getanzt. Das Ende der Show wurde dann mit der „Schönheit der Chance“ eingeleitet. Zwar verpatzte Thees in der ersten Strophe den Text, was vermutlich auf seinen Alkoholpegel zurückzuführen war, aber es fiel eh nicht weiter auf und wurde vor allem durch den Abschluss des Songs wieder gut gemacht, bei dem der Refrain ins Unendliche gezogen wurde – einfach wunderschön!
Absolut perfekt gemacht wurde das Konzert dann, als Thees ankündigte die Zugabe sei „Mit dem Mofa nach England“. Diesen Song spielen sie ja mittlerweile eher selten und so war es ein wunderbares Ende für ein grandioses Konzert. Danach kam Thees noch mal alleine auf die Bühne und sang zum Abschluss „Das war ich“. Nach knappen 80 Minuten war der Zauber dann endgültig vorbei. Obwohl die erste Platte wieder komplett ausgespart und auch mal wieder auf den Überhit ‚Korn & Sprite’ verzichtet wurde kann ich nicht sagen, dass ich einen Song wirklich vermisst habe. Es war einfach ein rundum gelungenes Konzert, das Lust auf die nächste Platte macht, hoffentlich dauert es nicht mehr allzu lang. Statt auf der Aftershow-Party im Giessener Sowieso, ließen wir den wunderbaren Abend noch chillig in einem kleinen Club in Marburg ausklingen, wo mein Kumpel noch einen treffenden Satz formulierte: "Wenn ich Engländer wäre würde ich sagen: ‚Thees, you made my day’“
Dem hab ich nur noch die Setlist hinzuzufügen:
Endlich einmal Wilhelm das war nichts Du bist den ganzen Weg gerannt Passt zu meinem Kalender Schreit den Namen meiner Mutter Von Gott verbrüht Die Bastarde die dich jetzt nach hause bringen The Rick McPhail Song Für immer die Menschen Die Schönheit der Chance ----------------------------- Mit dem Mofa nach England Das war ich
Eine Liebe zur Musik, eine Liebe zu den Tönen, eine Liebe zu Tomte!
Auch wenn ich damit hier wahscheinlich völlig allein auf weiter Flur bin, die nur überdurchschnittlichen Foo Fighters würde ich zu jedem Zeitpunkt den völlig überschätzten Tomte vorziehen. Meine Meinung
-------------- this is a film that has no end fiction fights feelings absent as absurd as it sounds there´s more truth than you pretend
