Montag, 5. Dezember, 17:32 Uhr: Als verfrühtes Nikolaus-Geschenk erhalte ich von Steffen die Nachricht, dass beim nächsten O2 Music-Flash so etwas wie ein kleiner City Slang-Labelabend stattfinden wird, geben sich doch Nada Surf und die frisch gesignten Blackmail ein Stelldichein im Alten Wartesaal in Köln.
Dienstag, 6. Dezember, abends: Wie ein Lauffeuer verbreitet sich nun auch offiziell die Nachricht, dass Nada Surf und Blackmail am nächsten Tag por nada dinero zu sehen sein werden. Wer´s bisher noch nicht mitgekriegt hat: Beim O2 Music-Flash spielen die teilnehmenden Bands immer für lau auf und als Zuschauer dabei ist, wer zuerst vor Ort ist (bzw. wer sich am geschicktesten durch die Warteschlange deichselt). Künstler und Austragungsort werden erst am Vorabend bekannt gegeben, was zählt, ist Spontaneität.
Dienstag, 6. Dezember, noch später abends: Ich erhalte eine Mail eines Freundes: Nada Surf und Blackmail würden ein kostenloses Konzert in Köln spielen, hätte ich nicht Lust, mitzukommen? Ich muss unwillkürlich grinsen.
Mittwoch, 7. Dezember, ca. 19 Uhr: Als wir auf den Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs treten, fallen uns sofort die Menschenschlangen vor dem Kölner Dom auf. Stattet der Pabst dem altehrwürdigen Gebäude eine exklusive Stippvisite ab? Nein, die Menschenmassen stehen nur vor dem alten Wartesaal an, denn der ist direkt unter dem Bahnhof gelegen. Wieder was dazugelernt.
Ein seltsames Szenario ergibt sich, als sich die Warteschlangen vor dem Eingang in eine Schlange für Presse-Vertreter und VIPs und eine für Normalsterbliche teilt. Gästeliste bei einem Konzert, das ohnehin umsonst ist? Macht das Sinn? Diese Frage wird mir spätestens dann beantwortet, als ich nach Einlass prompt mit Getränkemarken und Nada Surf-CD versorgt werde. Die Handybranche scheint noch immer zu boomen, das Geld wächst augenscheinlich auf den Bäumen und wird zum Fenster rausgeschmissen.
Wie auch immer, Blackmail beginnen schließlich mit knapp zehn Minuten Verspätung ihr Set, das nur eine knappe Dreiviertelstunde lang andauern wird. Wer Blackmail schonmal live gesehen hat, weiß es einzuschätzen, was man mit "seltsamer Bühnenpräsenz" in Hinsicht auf diese doch zumindest auf Platte eigentlich fabelhafte Band meint: Das seltsam lustlose Auftreten, die zwar mit Augenzwinkern dargebotenen, aber dennoch nervenden Diva-Allüren. All das hätte diese Instanz der deutschen Rockmusik eigentlich nicht nötig. Auf eine angesichts der im Januar anstehenden Veröffentlichung des neuen Tonträgers Aerial View eventuell erwartete, lustvollere Darbietung der Stücke muss man auch am heutigen Abend verzichten. Doch zumindest die neuen Stücke sind es wert, dass man der Band lauscht, lassen sie doch für die Platte solides bis großes erwarten. Mit peinlichen Ansagen hält man sich einigermaßen zurück, holt dafür aber des öfteren die Stoner-Keule heraus, was bei manchen Stücken leicht unpassend wirkt. So bleibt alles wie gehabt: Blackmail sind eine Tonträger-Band, wenn man das so sagen will.
Ganz anders da Nada Surf: Schon im angenehm unprätentiösen, sympathischen Bühnenverhalten unterscheidet sich das Trio (hin und wieder durch einen zweiten Gitarristen ergänzt) merklich von seinen Labelkollegen. Mit Blizzard Of ´77 gelingt der perfekte Einstieg und man ist sich eigentlich schon jetzt sicher: Das wird ein feines Konzert. Von Song zu Song angelt man sich mehr und mehr Euphorie seitens der Zuschauer, anschaulich wird dem Zuhörer allmählich verdeutlicht, was für eine tolle Liveband da spielt und was für ein prunkvolles und umfassendes Oeuvre sich diese Band mit ihren mittlerweile vier Tonträgern geschaffen hat. Hit folgt auf Hit, selbst die Songs der neuen, bisher schwächsten Platte der Bandkarriere, funktionieren live tadellos und erstrahlen in frischem, rockigeren Gewand. Das Meisterwerk Let Go wird umfangreich gewürdigt, alte Perlen vom Proximity Effect fügen sich nahtlos in ein Set ohne Fehl und Tadel ein. Und wieder, und weiter: Hit folgt auf Hit, längst vergessene Songschätze (Bacardi!!) werden wieder ausgegraben, die Meute singt und feiert ihre Helden ausgelassen in der angenehmen Atmosphäre der netten Location.
Die Zeit vergeht und nach geschätzten 65 Minuten verlässt die Band die Bühne. Natürlich glaubt niemand, dass die Band nicht wiederkommen würde, doch dass Matthew Caws & seine Kollegen sich auch dazu breitschlagen würde, eine zweite Zugabe samt dem geliebt-verhassten Evergreen Popular abzuliefern, das war alles andere als selbstverständlich. So allerdings geht dieses fast zwei Stunden lange Konzert mit Sicherheit in meine ganz persönliche Liste der Konzert-Highlights des Jahres ein. Wäre das Konzert nicht ohnehin kostenlos gewesen, man wäre zu einer Value For Money-Lobpreisung geneigt. So muss ein schlichter Dank reichen: Danke, Nada Surf!
-------------- this is a film that has no end fiction fights feelings absent as absurd as it sounds there´s more truth than you pretend
ich bin sehr enttäuscht von euch, ihr arschbacken. antstatt eurem nettesten mitredakteur aus der bredouille zu helfen und den fehler schnell zu korrigieren (auch eine möglichkeit: wissend drüber zu schweigen), stellt ihr mich bloß. pfff....
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