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Überschrift: Hurricane Festival 2006, 23. - 25. Juni 2006 - Eichenring, Scheeßel< Älteres Thema | Neueres Thema >
Sven Offline
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Gruppe: Redaktion / Admin
Beiträge: 2968
Seit: 09 2002
Verfasst am: 06. 08 2006, 15:44

Hurricane Festival 2006
Scheeßel, Eichenring
ca. 50 000 Besucher
Preis: ~ 80 Euro (3-Tage-Kombiticket)



I get wet

Anscheinend werfen grosse Ereignisse ihren (Wolken)schatten voraus.
Das Hurricane Festival hat sich nicht erst seit gestern als feste Institution in Festivaldeutschland etabliert - und wer sich wahlweise in Scheeßel oder Neuhausen ob Eck, wo mit dem Southside das Schwesternfestival gleichzeitig statt findet, zur rechten Zeit aufhält, weiss danach auch warum das so ist.

550 Kilometer Fahrt über Gebirg' und Flachland halten den Schreiber also nicht davon ab, auch mal das nördlich gelegene Festival zu erleben - und Prosecco aus kleinen goldenen Dosen zu trinken.

Ein paar Regeln für deutsche Festivals sind ja mittlerweile den meisten auch kleineren Besuchern, die nicht gleich zwangsweise über die Sommermonate mit ihrem Zelt verwachsen sind, klar geworden. Sollte sich allzu schnell Heimweh einstellen, einfach diese Checklist abarbeiten, denn bei drei Kreuzen weiss man: eigentlich bin ich hier ja doch zuhause. Regel 1: keiner findet Helga. Das Phantom, das immer das Bier wegtrinkt und Steine auf Bushido's Auftritt wirft. Regel 2: uriniert wird überall. Macht so ja auch mehr Spass. Regel 3: Tomte spielen. Immer, überall, auf jedem Strassenfest, 400 Tage pro Jahr.

Regel 3 lässt uns eben nie im Stich - auch dieses Mal nicht. Dafür lässt mich seit Festivalsommer '06 die Zeit im Stich - meine persönliche Regel 4. Das führt leider dazu, dass ich schon wieder sehr spät in die Musik starte; Fettes Brot, bei weitem keine Festivalneulinge, mir aber live durchaus neu, feuern gute Laune wenigstens über die Hälfte ihres Auftritts auch in meine Richtung. Manu Chao sollte darauf folgend eine halbe Stunde später beginnen. Was aber tut der multilinguale Popstar, der nicht mal auf meine Frage, wie es denn zwischen Frankreich und Togo stünde zu antworten im Stande ist? Er schaut Fussball und kommt deshalb zu seinem eigenen Auftritt gute 20 Minuten zu spät. Steht er aber dann schlussendlich auf der Bühne, hält seine Show, was seine als Weltmusik oder French Pop etwas hilflos beschriebene Musik verspricht: Reggae, Glanz & Glamour der weiten Welt, jump up and down. Zu wenig Teilname meinerseits führt zu Verdruss, und steht der erste Abend ob der Absage der Lightning Seeds in letzter Minute ohnehin schon unter einem schlechten Stern, wie abergläubische Menschen orakeln, so steht doch noch ein definities Highlight der Sommersaison noch an:
Maximo Park. Mittlerweile ist durch erbarmungsloses Touren in ganz Europa die Routine da, die sich händeschüttelnd zur Extase, zur Fassungslosigkeit im Pop hinzugesellt. Wieder mal sieht man eine Performance, die mitunter rechtfertigt, warum diese so junge Band bereits ihren Rausschmeisserslot bekommen hat - sie ist verfuchst gut. Davon abgesehen vertritt sie die viel diskutierte new british invasion, wie sie in den Medien statt findet und hierzulande auch charten kann - man erinnere sich an Hard-Fi. Seltsam aber, dass sie damit ziemlich alleine da steht, von Arctic Monkeys, the Kooks und vielleicht Duels mal abgesehen.


"Dieser Dreck der hier durch die Strassen fegt.. das ist schlimmer als zehn Jahre Kette rauchen."

Es ist nun mal so. Aber wir sind jung und lieben die Gefahr, ist es nicht so? Auch wenn sie so unauffällig aber lästig daher kommt wie in Gestalt schwarzen Schmodders, den man drei Tage lang nicht aus der Nase bekommt. Positiv ausgedrückt: eine Reise in den fernen Osten, nach Peking etwa zum smog sightseeing ist nicht mehr nötig.
Schön auch, mal zu erfahren wie das ist wenn die Wahrnehmung ernsthaft gestört wird. Eine wahre Anekdote: ich wache auf. Noch nicht richtig bei mir, schaue ich auf die Uhr, und schrecke hoch: schon 6 am Abend, da habe ich aber lange geschlafen! Also schnell los, soll doch der Samstag nicht ohne mich vorüber gehen, Hard-Fi will ich sehen. Die Trampelwege: leer. In meinem Kopf: leer. Seltsam, die werden alle schon vor den Bühnen stehen. Dann stehe ich vor dem Einlass, und merke ganz langsam: ich bin 12 Stunden zu früh dran.
Gehe nicht über Los, ziehe keine 4000 ein.
Surreal.

Wir beginnen unseren Tag nicht mit The Sounds. Man beginnt seinen Tag nicht mit einer Band, die die Kopie einer Kopie einer Kopie einer Rockband sind, auf der nicht mal mehr die Feinheiten der Blaupause, ja Ecken und Kanten, zu erkennen sind. Aber gut, wir sind schon mal da, wir sehen eine Gruppe von Menschen, die ihre Instrumente spielen und einer kleinen eingeschworenen Gruppe möglicherweise einheizen. Kann auch sein, dass nicht Kräfte müssen an heissen Tagen sicher geschont werden. Ich schiesse mich auch gar nicht ein, aber um Zigaretten zehn Meter weiter zu holen, fährt man ja auch nicht mit dem Auto. The Kooks hingegen erscheinen einem fast schon akustisch - dabei kann es bei den Nesthäkchen des Hurricane schon durchaus beherzt zur Sache gehen. Wir haben Herz, und spielen nächstes Jahr direkt vor fünf Männern aus Newcastle. Death Cab For Cutie haben bis dato einiges erreicht. Zu recht, sagen viele, und haben damit Recht. Die Show mag mehr und mehr einer Dienstleistung gleichen, denn wer etwa durch Plans, ihrem jüngsten und ersten Majoralbum auf die Gruppe aufmerksam geworden ist, bekommt, was er erwartet. Überraschungsarm und wohldosiert, aber nett. The Hives, die großartigen The Hives, machen ebenfalls das was sie nun mal immer tun, und zumindest einer von fünf schaltet dabei gepflegt auf irre. Die Schweden nehmen es wie gewohnt mit den Massen auf und legen vor im kleinen Kampf der großen Garagerockacts - Europa 1, Amerika (noch) 0. Dass ihnen die Herren in weißen Anzügen vorgelegt haben, muss Julian Casablancas dann auch gleich so wütend gemacht haben, dass er einfach um sich treten musste. Nach bestätigten Gerüchten hat das einer Kamera nicht so gut bekommen. Aber wie war das mit der Musik der Strokes, die ja auch noch ihren Platz fand zwischen allerlei Sperenzchen und faulmäuligen Ansagen unseres wunderbarst angetrunkenen Sängers? Es wurde getanzt, es wurde ein bisschen laut, es war eigentlich ganz angenehm. Ausgeglichen? Ja, wieso nicht. Nur, wen interessieren diese Grabenkämpfe denn heute noch? Muss ich doch bitten. Sigur Ros bilden ein Kontrastprogramm, dass nun drastischer nun wirklich nicht hätte ausfallen können. Ich habe Respekt vor der komplexen und unwirklichen Musik der Isländer, aber um dazu im Zelt friedlich einzuschlafen, dazu waren die Songs einfach nicht laut genug. Der Rahmen, so würdig wie er auf einem Festival mit deutlicher Betonung auf Indierock sein kann, störte kaum; man schafft sich eben seinen eigenen Rahmen, und Sigor Ros bekamen es am Ende sogar fertig, mit ihrer Musik ihre (ihnen) eigene Athmosphäre hochzuzimmern. Beruhigend, dass dieses Haus niemand mehr einreissen musste, denn danach war erst mal Schluss.

Kommt lasst uns eine Arche bauen..

Eine dritte Stage, etwas abseits der grünen und blauen Bühne gelegen (wobei die Green Stage auf Plänen mit mehr Gitarren im Symbol aufwarten kann, nämlich mit zwei. Billy Talent sollten dort noch auftreten; hint für später also?) war eigentlich ein Zelt, und es ist ja landläufig bekannt, was das nun wieder bedeutet. More heat than your average location on an open air. Guaranteed. Pretty Girls Make Graves spielen dann auch in einem mittags noch nicht vollständig gefüllten circus of rock, machen ihre Sache aber angenehm gut. Eine Pause danach ist nötig, und auch wenn man so langsam über Livequalitäten der kanadischen Billy Talent bescheid weiss, ist man nicht immer vollends vorbereitet. Es ist nicht auszuschliessen, dass ihr neues Album II alleine deshalb hier Nummer eins ging, weil direkt nach ihrem Auftritt viele aus dem Publikum die Platte gleich ein paar Mal vor Ort gekauft haben. In den ersten fünf Reihen kommt einer kleinen Erfahrung gleich, praller Sonnenschein und nahezu ununterbrochener Einsatz eines Wasserschlauchs durch die Security helfen dabei. Danach ist man durchnässt, und Hauptschuld daran trägt eben gnädige Bewässerung und nicht eine zugegeben energiegeladene und hysterische Show, auch wenn man es gerne anders glauben möchte.
The Cardigans sind nicht die erste Band, die zum Sieg der deutschen Nationalmannschaft (über eben der schwedischen) gratulieren, die Hives haben das auch schon getan, aber sie sind vielleicht die ersten, die ihren Pop zelebrieren, ihn so federleicht präsentieren, wie sie ihn immer wieder auf ein Abspielmedium deiner Wahl pressen - und dabei natürlich verzaubern. Dem Loch übrigens, dass durch dieses Fussballspiel entsteht, fallen u.a. Nada Surf und Hard-Fi zum Opfer - erstere sollen zumindest ein paar Stücke in der Halbzeitpause zum Besten gegeben haben. Definitiv ein Highlight, aber nur für einen kleinen, wissen Anteil des Publikums, stellt der Auftritt von The Cooper Temple Clause dar. Das gefürchtete dritte Album rückt näher, doch von unheilvoller Ahnung ist hier, auch nach des Bassisten DIDZ' Weggang (zu den Raconteurs, die sinnigerweise auch aufspielten) nichts zu spüren. Großartig und wegweisend, gnadenlos und unterschätzt. Mit Live bekommt, so habe ich den Eindruck, eine Band, die aus den Neunzigern stammt und in die Neunziger gehört, von gestern also, ihr Gnadenbrot gereicht, und das mit an sich recht viel Ehrerbietung, spielen sie doch vor den Helden und somit als vorletzte Band auf der Green Stage. Überflüssig trifft es ähnlich genau wie letztes Jahr Audioslave.
Stell dir vor, Gnarls Barkley beenden dein Hurricane 2006, und du ahnst nichts davon. Klingt doch nicht etwa unglaublich, oder? Es ist dunkel, und so ahnt keiner, was da über uns hereinbricht. Das Set der englischen Durchstarter nähert sich kaum dem Ende, da gehen erste Regentropfen runter. Was dem folgt, lässt sich mitunter als die Apokalypse in Niedersachsen beschreiben, die hard facts aber sagen: Muse fallen aus. Die drei kämpfen sich noch auf die Bühne, erste Instrumente wirbeln ihnen entgegen, und es ist Schluss bevor es überhaupt los gehen kann.
Zu diesem Zeitpunkt ist das Festivalgelände bereits wie leer gefegt.



[Foto: Markus Roy]

"Wir müssen das Wasser sorgfältig rationieren, es ist unsere letzte Hoffnung."
- "Oh Verzeihung. Was glauben Sie wohl, worauf wir hier schwimmen? Kennen Sie nicht das Gedicht "Wasser, Wasser überall?"


Die Encore ist schnell erzählt; Rezensent tritt eine Reise durch diverse Zelte an, wird aus dem Pressezelt geworfen, legt sich längs in eine enorme Pfütze, um sicher zu gehen, dass er auch wirklich komplett durchnässt ist, schaut zwei B-Boys beim abstylen zu und bemerkt, in welch absurd kleinen Dimensionen ausgerechnet ein Männerverein wie Apocalyptica vor Auftritt unterkommen muss. Er schliesst Frieden mit seinem Schicksal und verabschiedet sich mental schon mal von seinen Sachen, die sich noch in seinem Zelt befinden müssen.

Und doch: er hat nichts gelernt. Dafür viel erlebt, und sagt danke.
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Profile PM ICQ 
Patrick Offline
EdKo



Gruppe: Redaktion
Beiträge: 7544
Seit: 07 2001
Verfasst am: 06. 08 2006, 20:19

Prosecco in Dosen geht echt mal gar nicht.
Der Bericht schon.


--------------
this is a film that has no end
fiction fights feelings absent
as absurd as it sounds
there´s more truth than you pretend


http://www.monogoic.de

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Profile PM WEB ICQ 
1 Antworten seit 06. 08 2006, 15:44 < Älteres Thema | Neueres Thema >

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Schnellantwort Hurricane Festival 2006
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