Es würde ein schwieriges Unternehmen werden, ein neues Album, das war den Herren Aaron Turner und Jeff Caxide klar, als ich sie vor zwei Jahren danach fragte, was denn nach Panopticon kommen sollte. Die Falle sich selbst zu wiederholen schien schwer zu umgehen, die spannende Frage war, ob die Herren Isis eine weiter gehende Entwicklung und gleichzeitige Beibehaltung des homogenen Isis-Sounds verwirklichen können würden. „Eines ist sicher: es wird kein „Panopticon Teil 2“ geben“, so Jeff damals. Er sollte nicht zu viel Versprechen. Der Pfad wurde gelegt mit den älteren, krachigen, noch stärker an Neurosis angelehnten Tonträgern, mit Oceanic hat er eine erste Sehenwürdigkeit erreicht, zu dem auch heute noch Scharen von Musikverrückten Leuten aus aller Herren Genreländer pilgern, bei Panopticon wurde aus dem Trampelpfad schon eine gut befahrbare Landstraße mit Schildern an den Rändern die einen inhaltlichen Weg wiesen, und jetzt auf ihrem vierten Album In The Absenc Of Truth ist der Beton einer sehr durchdachten und in keiner Sekunde brüchigen Struktur konstruiert worden, der den Personenhörverkehr in alle möglichen Gebiete bringen kann.
garden of light
Das Hardcoregekeife von einst ist noch einmal stark reduziert worden und fast gänzlich einem mehr oder weniger cleanen Gesang gewichen, ein Gesang der allerdings nur selten eingesetzt wird. Die Musik kommt selbst in den metallischeren Passagen klar und bestechend daher, was zu einem gewissen Teil sicher auch an Hausproduzent Matt Bayles liegt der mit seinen Produktionen für Isis auf Platte schon fast so etwas wie ein weiteres Bandmitglied geworden ist. Die Juxtaposition von tief und doomig dröhenden Gitarren, vielen wunderschönen Postrockmelodien und einem glasklaren Wall-Of-Sound kommt fast wie der nächste Evolutionsschritt von Neurosis, Tool, GBYBE und My Bloody Valentine daher, und qualitativ erreichen Isis spätestens mit diesem Album auch ein ähnliches Legendenlevel. Von der Erfahrung der Oceanic Remixes hat man einmal auch elektronisch klingende Ambienttribal-Beats in die eigenen Soundsphären integriert, was bekanntermaßen durchaus Sinn macht, aber sie haben damit keine unnötigen Experimente vorgenommen, wollen nicht elitärer oder avantgardistischer klingen als bisher, sondern einfach noch übzeugender, homogener und noch besser
nothing is true, everything is permitted
Die Real-Politischen bzw. philosophischen Verweise die noch beim letzten Album und dem glorreichen Seitenprojekt Red Sparrowes zuletzt den inhaltlichen Weg geleuchtet haben fehlen bei In The Absence Of Truth fast völlig, nur beim Titel selbst mag man noch kurz Post-Struktualisten wie Lacan oder Derrida herbeizitieren. Nein, der Inhalt wird wieder völlig der geistigen, spirituellen Phantasie in die Hand gelegt, und das ist auch gut so. Hier schlägt die Musik Salti, hier tanzen sie und reisen in die schwärzesten und buntesten Länder, lassen das primitive Unterbewusstsein ans Mikro und die Genialität an die Gitarren, nehmen Reißaus, stellen sich, entwickeln sich, sind State of The Art und trotzdem im Fluß. Sie haben es tatsächlich geschafft ein unverkennbar nach Isis klingendes Album hinzulegen, dass trotz oder deswegen noch einen Schritt weiter geht als alles ihrer bisherigen Großtaten. Man muss nur einmal alle Isisalben nacheinander hören, es ist als wäre es eine einzige, sich langsam auswickelnde, göttlich epische Story. Und ich bin mir sicher ich kenne die Antwort auf die Frage was denn jetzt noch kommen soll schon. „Es wird keinen Teil 2 geben.“ Nein, die Geschichte geht einfach weiter...
-------------- The artist formerly known as Ulrich.
Tracklist: 01. Wrists Of Kings 02. Not In Rivers, But In Drops 03. Dulcinea 04. Over Root And Thorn 05. 1000 Shards 06. All Out Of Time, All Into Space 07. Holy Tears 08. Firdouse E Bareen 09. Garden Of Light
-------------- The artist formerly known as Ulrich.